Macht

Das Revolutionäre in den Netzen

Was bringt uns die Vernetzung von Menschen über das Web? Welche Auswirkungen hat es auf die Gesellschaft, wenn sich Menschen, die sich in der Regel gar nicht kennen, zu einer Aktions-Gemeinschaft zusammenschliessen, weil sie gemeinsame Wertvorstellungen und Ziele teilen, und durch den Austausch ihrer Gedanken neue Impulse generieren und ungeahnte Dynamiken entfesseln? Wie kann und soll man damit umgehen? Wie kann man dies positiv nutzen?

Mit diesen und weiteren Fragen befasst sich seit längerem Prof. Dr. Peter Kruse, der sich dazu an der 4. Sitzung der Enquete Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ im Deutschen Bundestag am 5. Juli 2010 äusserte (ganze Stellungnahme als PDF Datei):


Revolutionäre Netze durch kollektive Bewegungen

Durch die Verschiebung von den PUSH-Medien TV, Radio und Print zum PULL-Medium Web/Internet fand eine Machtverschiebung vom Anbieter zum Konsumenten statt. Durch die raschen, immer verfügbaren und äusserst kostengünstigen Kommunikationsmöglichkeiten wird eine hohe Vernetzungsdichte von Individuen möglich. Die Menschen schliessen sich zu Bewegungen zusammen und werden durch ihr gemeinsames Handeln mächtig. Kommt es in einem solchen vernetzten System zu einer hohen Spontanaktivität und Erregung, besteht die Tendenz zur Selbstaufschauklung, wenn dabei der Nerv des Zeitgeistes getroffen wird. D.h. es entsteht Resonanz. Und bei einer spontanen Resonanz in einer grossen, hoch vernetzten Gruppe kann diese Resonanz auch zu unkontrollierbaren Ereignissen von grosser Dynamik führen. Dies gilt sowohl für spontane Massenbesäufnisse (z.B. Bottelóns) als auch für Demonstrationen von Empörten (z.B. Occupy Bewegung, Arabischer Frühling).

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Manipulation durch Medien

Von den Massenmedien geht eine ungeheure Macht aus, deren wir meist gar nicht so bewusst aber deren Einfluss wir tagtäglich ausgeliefert sind. Neben den drei offiziellen Staatsgewalten Legislative, Exekutive und Judikative bilden die Medien neben der Zentralbank die zweite inoffizielle Gewalt in einem Staat. Die Macht der Medien wäre eigentlich kein Problem, solange diese nicht für Partikularinteressen ausgenützt und missbraucht würde. Die Praxis zeigt jedoch ein anderes Bild und die Erfahrung hat uns gelehrt, dass es nur einer Minderheit gelingt, den Versuchungen der dunklen Seite der Macht zu widerstehen.

Die Manipulation durch die Medien habe ich schon in verschiedenen Beiträgen kritisiert. Besonders dass die „veröffentlichte Meinung“ als „öffentliche Meinung“ – also die Meinung der Öffentlichkeit – dargestellt wird, finde ich immer wieder störend. Die Ansichten, die Medienschaffende vertreten, können sich natürlich mit jenen der Allgemeinheit decken. Doch eine solche Meinungskongruenz ist eher zufällig, wird aber auch durch die Beeinflussung der öffentlichen Meinung durch die Medien forciert.

Für den reiz- und informationsüberfluteten Zeitgenossen ist es unheimlich schwierig, in der bunten Medienwelt die Spreu vom Weizen zu trennen, d.h. zwischen sachlicher und wahrer Information und Manipulation zu unterscheiden. Die Anforderungen an die Medienkompetenz sind durch das Internet noch weiter gestiegen. Um diese Kompetenz zu entwickeln, ist es zwingend notwendig, die Mittel und Mechanismen der Manipulation zu verstehen. Erst neulich bin ich auf meinen Streifzügen durchs Web auf Rhetorik.ch auf den Beitrag „Medien und ihre Macht der Manipulation“ des Kommunikationsberaters Marcus Knill gestossen, der bereits in der Ausgabe 6/1997 der Zeitschrift „Achtung Sendung“ erschienen ist und auch heute im Web-Zeitalter noch vollumfänglich aktuell und gültig ist:

  • Die Macht der Themenauswahl
  • Die Macht der Mikrofon- oder Kamerapräsenz
  • Die Macht des Ausklammerns
  • Die Macht, darüber zu befinden, wieviel und welche Gäste eingeladen werden (Publikum)
  • Die Macht der Zumischung von Geräuschen oder Musik
  • Die Macht der Titelgebung
  • Die Macht der Bildauswahl (Fotos/Filmsequenzen)
  • Die Macht der Kameraführung
  • Die Macht der Nähe
  • Die Macht, den Hintergrund zu wählen
  • Die Macht der Tonsteuerung
  • Die Macht des Weglassens und Kürzens
  • Die Macht als Kontrollinstrument (Medien als sogenannte 4.Gewalt)
  • Die Macht der Etikettierung
  • Die Macht der An- und Abmoderation
  • Die Macht durch die Bestimmung der Spielregeln
  • Die Macht des Heimvorteils
  • Die Macht der Wortwahl
  • Die Macht, Produkte, Autoren, Veranstaltungen usw. zu fördern

In einem weiteren Beitrag „Massenmedien – Medien für die Massen“ (erschienen in der Zeitschrift „Achtung Sendung“, Nr. 8/2000) beleuchtet Knill zusätzlich auch die massenpsychologischen Phänomene. Wer sich noch nie eingehend mit der Materie auseinandergesetzt, empfehle ich bei Beiträge wärmstens zur Lektüre, denn wie Knill selber so schön sagt:

„Mit Massenmedien umgehen können will auch heissen, die Gesetzmässigkeiten der Massenkommunikation und die wichtigsten Phänomene der Massenpsychologie kennen.“

Geld und Religion

Das Geldsystem ist zur Religion geworden und Religionen wurden monetarisiert. Bei näherer Betrachtung haben beide viel mehr Gemeinsamkeiten als man auf den ersten Blick annehmen würde, denn Glaube und Vertrauen zählen zum Kerngeschäft der Kirchen wie auch der Banken. Der Glaube ihrer „Kunden“ an gemeinsame Werte hält beide zusammen. Doch obwohl die Werte der Kirche und der Banken grundverschieden sind, lassen sich teils erstaunliche Gemeinsamkeiten erkennen. Im Folgenden habe ich meine Erkenntisse als Nonkonformist zusammengefasst.

Religion und Geld sind Weggefährten

OpferstockDie Entstehung und die Geschichte des Geldes sind eng mit jener der Religionen verknüpft und der Zusammenhang zwischen Geld und Religion zieht sich durch bis in die Neuzeit. Bereits in der Antike wurden die Götter mit Geld als Opfergabe besänftigt. Dies setzte sich im Mittelalter im Ablasshandel fort, der als Perversion des Busssakramentes den Gläubigen bei Erfüllung bestimmter Leistungen und speziell bei Zahlung eines bestimmten Geldbetrages den Erlass von irdischen Strafen und die Verkürzung der Reinigungszeit im Fegefeuer nach dem Tod versprach („Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Fegefeuer springt“). Der Kirche bescherte der Ablasshandel einen reichen Geldsegen. Ob dies nun auf ein religiöses Missverständnis oder eine bewusste Missinterpretation zurückzuführen ist, bleibt wahrscheinlich unbeantwortet. Jedenfalls besteht das Busssakrament nicht bloss aus der Satisfactio (Genugtuung, Wiedergutmachung) sondern setzt die Reue der sündhaften Tat sowie das explizite Sündenbekenntnis voraus. Noch heute zeigt sich aber vielerorts die Vorstellung, dass mit Geld alles käuflich wäre.

Die Religion einer jeden Kultur definiert und prägt ihr Wertesystem, an dem sie alle Taten und Dinge misst, wie auch das Geldsystem die Wirtschaft prägt und die Rahmenbedingungen (zum Beispiel den Zwang zu exponentiellem Wirtschaftswachstum) vorgibt. Wie die Religion hat auch Geld eine normative Funktion, das heisst eine Funktion als Wertmassstab. Bei beiden entsteht dieser über einen Wertekonsens, der sich heute bei beiden im Umbruch befindet.

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Unser Geld- und Wirtschaftssystem hat einen Konstruktionsfehler – Teil 3

Nach der Betrachtung der Grundlagen und Wirkungsweisen des Geldsystems im ersten Teil und zweiten Teil wollen wir uns im dritten Teil mit der ethischen, mathematischen und wahrnehmungspsychologischen Seite unseres Geldsystems befassen. Zum Schluss dieses Beitrags gibt’s einen Ausblick auf mögliche Lösungsansätze, bevor es dann in Teil 4 und Teil 5 vor allem mit Videos weitergeht.

Zins, Gier und Macht

Geld entsteht also durch Verschuldung und entsprechend ist ein Geldschein ein Schuldschein. Eine Bank generiert Geld aus dem Versprechen des Kreditnehmers, den Kredit (zurück) zu bezahlen. Als Sicherheit verpfändet dieser sein Eigentum, d.h. Geld entsteht durch Belehnung von bereits vorhandenem Eigentum. Das Geld für die Rückzahlung sowie für den Zins entsteht jedoch aus dem Kapital durch Arbeit, welches wiederum (wenn auch indirekt) als Sicherheit für einen neuen Kredit herhalten muss. Wenn uns die verpfändbaren Sicherheiten ausgehen, weil unser Wirtschaftswachstum nicht mit der exponentiell wachsenden Zinsspirale Schritt halten kann, ist Ende der Fahnenstange. Wer jetzt dabei an Schneeballsysteme denkt, liegt völlig richtig. Geld kann nicht durch sich selber entstehen und Geld kann selber nicht arbeiten, wie uns die Bankenwerbung mit dem Slogan „Lassen Sie Ihr Geld arbeiten!“ weiss machen will. Nur Menschen können arbeiten und die Früchte ihrer Arbeit in Geld tauschen.

Geld arbeiten lassen
Geld arbeiten lassen

Die Umverteilung des Geldes über den Zins erfolgt nicht aufgrund von Leistung sondern basiert darauf, dass jemand Geld spart und dieses damit dem Umlauf entzieht. Dadurch verliert das Geld seine Funktion als Tauschmittel. Erst durch die „Belohnung“ über den Zins wird das Geld wieder als Kredit in Umlauf gebracht. Dadurch wächst der Druck auf die Umverteilung des Geldes. Der Zins macht Geld zum Spekulationsobjekt und zum Krebsgeschwür unserer Wirtschaft. Der Zins ist das Anrecht auf mehr Geld, weil man schon welches besitzt, ohne dafür selber arbeiten zu müssen. Er stellt eine Übervorteilung des Kreditnehmers dar, denn Kredite werden über den Zins je nach Zinssatz und Laufzeit nicht selten mehrmals abbezahlt. Hier zeigt sich die Wahrheit im Spruch „wer hat, dem wird gegeben“.

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Google kontrolliert seine Werbekunden

Mit der Einführung der Abrechnung für Werbung nach dem Modell „Pay-per-Action“ (PPA) übernimmt nun Google die volle Kontrolle über seine Werbekunden. Zwar hat das Modell auf den ersten Blick für den seriösen Werber den Vorteil, dass er nur für die Schaltung seiner Werbung bezahlt, wenn diese zu einem Abschluss bzw. Online-Kauf führt (-> Conversion), d.h. wenn der Werbevermittler die Werbung beim richtigen Zielpublikum platziert hat. Der Werber muss höhere Auflagen des Werbemaklers erfüllen, um in den Genuss dieser Abrechnungart zu kommen (bei Google sind es mindestens 500 „Conversions“ in 30 Tagen). PPA schreckt unseriöse Werber und Werbemakler ab, durch Vortäuschung falscher Tatsachen Surfer dazu zu bewegen, auf einen Link/Button zu klicken. Denn wenn diese keine Geschäfte auf der Website tätigen, auf der sie landen, gibt’s auch keine Kohle. Das hat auch für den Konsumenten Vorteile, da er weniger irrelevante Werbung (Werbemüll) vorgesetzt bekommt. Dabei gewinnen alle. Eigentlich eine tolle Sache – so scheint es.

Schaut man sich das Ganze aber aus einer anderen Perspektive an, wird der wahre Beweggrund von Google deutlich. Mit diese Abrechnungsart macht Google kaum mehr Umsatz, gewinnt aber noch mehr Informationen über seine Werbekunden und den Erfolg ihrer Werbekampagnen. Aus diesen Daten sind Rückschlüsse auf den Gesamtumsatz eines Anbieters möglich. Ein Einbruch der Conversion Rate kann auch als vorlaufender Indikator für einen sinkenden Aktienkurs eines Unternehmens gedeutet werden. Google will kaum einfach nur seinen Wissensdurst stillen. Es liegt nahe, dass auch aus diesen neuen statistischen Daten Profit geschlagen wird – sei es zum Eigenbedarf oder durch den Verkauf an ausgewählte Kunden, die selbstverständlich in den USA beheimatet sind. Ein Fall von Wirtschaftsspionage? Es ist nicht alles Gold, was glänzt. Aber Wissen ist Macht.