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Es wird stets behauptet, dass unser Geldsystem alternativlos sei, genau so wie der Kapitalismus die einzige Alternative zum Kommunismus sei. Das ist jedoch kompletter Unsinn und diese falsche Wahrnehmung mag wohl daran liegen, dass die Fachleute der Mainstreamökonomie, die sich damit befassen und solchen „Die Erde ist eine Scheibe“-Quatsch behaupten, offenbar nicht in der Lage sind, die Probleme und ihre Ursachen in ihrer Gesamtheit zu erkennen und brauchbare Lösungen zu entwickeln. Ökonomen sollten sich besser mit Mathematikern, Physikern und Ingenieuren zusammentun, denn diese Berufsgattungen verfügen über das nötige Wissen und eine Jahrhunderte lange Erfahrung, mathematisch beschreibbare Probleme zu analysieren und stabile Systeme zu konstruieren. Ein erster solcher ganzheitlicher und mathematisch fundierter Lösungsansatz wird in diesem Beitrag mit vorgängiger Zusammenfassung der Ausgangslage gewagt.
Grundlagen des zinspflichtigen Schuldgeldsystems
Nachdem ich die Konstruktionsfehler und Probleme unseres zinspflichtigen Schuldgeldsystems ebenso wie den Spekulationsmarkt mit Risiken (Derviate als Finanzwetten) in mehreren Beiträgen bereits ausführlich beleuchtet habe, fasse ich sie an dieser Stelle „kurz“ zusammen, um anschliessend einige alternative Denkansätze vorzustellen, bevor ich in kommenden Beiträgen das Design eines auf einem komplett anderen Paradigma beruhendes Finanz- und Wirtschaftssystems vorstelle. Dessen Basis bildet ein leistungsbasiertes Geldsystem, das mit einer grundlegenden Reform des Steuersystems und des Rechts an natürlichen Ressourcen (insbesondere auch des Bodenrechts) einhergeht.
Wesen des Geldes
Geld hat gemäss geltender Lehre drei Funktionsziele:
- Tauschmittel
- Wertaufbewahrung
- Wert- bzw. Preismassstab
Von diesen konkurrenzieren sich die ersten beiden in gewisser Weise und schliessen sich zum gleichen Zeitpunkt gegenseitig aus, da man Geld nicht gleichzeitig tauschen und behalten kann. Die primäre Funktion ist allerdings die als Tauschmittel. Die anderen beiden sind sekundäre Funktionen, die der Tauschmittelfunktion dienen. Für Geld kann man Waren und Dienstleistungen kaufen, weil es Geld ist. Und es gibt Ökonomen, die behaupten, alles sei Geld, wofür man etwas kaufen kann. Dass dies ein unsinniger Zirkelschluss ist, der zum Verständnis des Geldes nichts beiträgt, erkannte bereits Kurt Tucholsky. Geld ist ein Tauschmittel, das eine arbeitsteilige Gesellschaft erst ermöglicht. Aber es ist weder ein Produktions- oder ein Konsumgut noch eine Dienstleistung. Geld bildet eine eigene „Güterkategorie“. Der Wert des Geldes ist heute mehr ein religiöser als ein materieller, denn dieser entsteht durch Vertrauen beziehungsweise durch den (kollektiven) Glauben an den Wert. Der Wert bedingt nicht die Bindung an einen Wertträger (und somit auch nicht an Gold). Eine Banknote ist bloss ein Stück (möglichst fälschungssicher) bunt bedrucktes Papier und eine Münze ist bloss ein Stück geprägtes Metall, auf denen ein Wert aufgedruckt beziehungsweise eingeprägt ist. Das Geldsystem funktioniert nur, solange unter den beteiligten Wirtschaftssubjekten ein Konsens über diesen Wert besteht. Dieser Konsens wird unter anderem auch per Gesetz erzwungen, das gesetzliche Zahlungsmittel (Münzen und Noten) jederzeit uneingeschränkt akzeptieren zu müssen. Wenn allerdings der Glaube zu sehr ins Wanken gerät, verliert auch dieses Gesetz seine Wirkung.
Geld ist somit ein flüchtiger, virtueller Wert. Geld ist ein Proxy mit einem vernachlässigbaren materiellen Eigenwert des Wertträgers. Die Information über die Existenz und den Besitz des Wertes ist einzig entscheidend, d.h. Geld ist bloss eine Information, über die ein Konsens herrscht. Entsprechend sind die Regeln und Methoden, die in der Informatik für Daten gültig sind, auch auf das Geld anwendbar. Geld könnte daher grundsätzlich auch bloss elektronisch existieren. Das Problem von elektronischem Geld ist nicht seine Unabhängigkeit von einem Daten- beziehungsweise Wertträger (wie z.B. Gold, Papier, etc.), sondern die Verletzung der Privatsphäre ihrer Besitzer durch die Speicherung und vollständige Nachvollziehbarkeit jeder einzelnen Transaktion und des zugehörigen Kontextes auch noch Jahre danach. Abgesehen davon ist elektronisches Geld von der ständigen Verfügbarkeit von elektrischer Energie und von einem alle Parteien vernetzenden Kommunikationsmedium (z.B. das Internet) abhängig, was nicht immer und überall praktikabel ist.
Schuldenbasierte Geldschöpfung und Zinsen
- Geld entsteht in unserem Finanzsystem als Kredit, d.h. die Geldschöpfung bedingt eine Verschuldung, weshalb unser Geldsystem ein Schuldgeldsystem ist. Weil Schulden einen eher negativen Anstrich haben, spricht die Finanzindustrie lieber von Krediten. Das tönt professioneller und daher vertrauenswürdiger, ist aber dasselbe.
- Die Geldschöpfung durch Verschuldung erfolgt gegen die Hinterlegung von pfändbaren Sicherheiten mit einem (mehr oder weniger) realen Wert. Als Gegenwert erhält der Kreditnehmer hingegen einen virtuellen Wert, der sich zudem im schlimmsten Fall sogar über Nacht verflüchtigen kann. Daraus ergibt sich ein asymmetrisches Kräfte- und Risikoverhältnis zwischen Kreditgeber und Kreditnehmer zu Gunsten des Kreditgebers.
- Für den Kredit beziehungsweise die Schuld wird ein Zins erhoben, der aber dummerweise nur aus der durch Verschuldung erschaffenen Geldmenge selber bezahlt werden kann, da es ja gar kein anderes Geld gibt. Es gibt zwar andere Währungen, aber auch dort erfolgt die Geldschöpfung ebenso durch Verschuldung. Mit der Zinsentrichtung in einer anderen Währung würde das Problem lediglich in diese Währung verlagert. Für die Bezahlung des Zinses wird wieder Geld benötigt, das wiederum durch Verschuldung geschaffen wird und für das wiederum ein Zins bezahlt werden muss. Dies führt zu einer unendlichen Verschuldungs- und Zinsspirale.
- Diese beiden Faktoren führen mathematisch zu einem exponentiellen Geldmengenwachstum, denn die Zinseszinsfunktion ist eine Exponentialfunktion. Während wir uns über unser sich durch Thesaurierung über den Zins „von selbst“ vermehrende Geld auf dem Sparkonto (d.h. auf der Haben-Seite) freuen, steht diesem Geldguthaben immer auch eine Schuld in identischer Höhe (auf der Soll-Seite) gegenüber, damit die Bilanz buchhaltungstechnisch aufgeht.
Geld(guthaben/menge) und Schulden im Gleichgewicht - Geld ist in unserem Finanzsystem eine Schuld, für die ein Zins aus der Schuld selber bezahlt werden muss, d.h. unser Finanzsystem kann nur durch stetige und exponentiell steigende Neuverschuldung am Leben erhalten werden. Das ist ein klassisches Schneeballsystem. Was für Privatpersonen verboten ist, um Überschuldung zu vermeiden, ist ein grundlegendes Prinzip unseres Finanz- und Wirtschaftssystems.
- Da ein Kredit nur gegen Sicherheiten gewährt wird, verlangt das exponentielle Geldmengenwachstum ständig nach immer mehr pfändbaren Sicherheiten. In einer Welt mit beschränkten Ressourcen jedoch sind die geeigneten Sicherheiten beschränkt und das Wachstum der Realwirtschaft folgt der logistischen Kurve. Jemand muss sich trotzdem immer für die Geldschöpfung verschulden. Wenn die Privathaushalte und Unternehmen dazu nicht mehr in der Lage sind, muss der Staat einspringen (John Maynard Keynes lässt grüssen). Als Sicherheiten dienen einerseits das Staatsvermögen und andererseits die künftigen Steuereinnahmen. Dadurch wird die Allgemeinheit zu Gunsten der Kreditgeber enteignet. Wenn auch der Staat die Verschuldungsspirale nicht mehr aufrecht erhalten kann, sei es mangels Sicherheiten oder wegen der zu hoch gewordenen Zinslast, bedarf es erhöhter mathematischer Kreativität, die dann zum Beispiel Negativzinsen oder eine Geldschwemme kreierende Rettungsschirme „zur Beruhigung und Stabilisierung der Märkte“ erfindet. Das ist dann ein untrügliches Zeichen, dass das System kurz vor dem Kollaps steht.
Staatsschulden kompensieren Lücke zwischen Finanz- und Realwirtschaft - Der andere Ansatz, die auseinander laufenden Finanz- und Realwirtschaftskurven anzugleichen ist, die Realwirtschaft nominal „aufzuwerten“, d.h. real zu verteuern. Das gleiche Geld hat dann real weniger Wert als vorher. Das versteht die heute gängige Lehre der Ökonomie als Inflation. Damit einher geht eine Entschuldung der Kreditnehmer, weil ihre nominalen Schulden real weniger Wert haben. Inflation hat aber den Nachteil, dass dadurch die Schuldgeldreligion durch den Schwund des Glaubens an den Wert des Geldes ins Wanken gerät, weil Geld kein stabiler Wertmassstab mehr ist und als Wertaufbewahrungs- und Tauschmittel an Wert verliert.
Der folgende Film veranschaulicht die Problematik des durch den Zins und Zinseszins erzwungenen exponentiellen Wachstums:
Fehler im Geldsystem
Probleme und Denkfehler der klassischen Finanz- und Wirtschaftstheorien
Der heutigen Mainstream-Ökonomik fehlt es in den grundlegendsten Bereichen an Wissenschaftlichkeit. Sie gleicht einer aus unterschiedlichen Sekten bestehenden, alchemistischen Religion. Von der Wissenschaftlichkeit der Naturwissenschaften ist sie (noch) meilenweit entfernt. Alle gängigen Wirtschaftstheorien basieren auf Modellen zu Anreizsystemen und Annahmen zu ihren Auswirkungen, deren Richtigkeit keiner beweisen kann. Sie sind bestenfalls in Teilbereichen unter speziellen Rahmenbedingungen (etwa so unsinnigen und realitätsfremden wie „ceteris paribus“) von Indizien gestützt. Vollständige, mathematische Beweise fehlen. Die mathematischen Modelle fokussieren und beschränken sich vornehmlich auf einzelne Mechanismen und Aspekte des Geldumlaufs und der Geldumverteilung. Die verschuldungsbasierte Geldschöpfung und die Zinseszinseffekte werden aus einer ganzheitlichen Betrachtung stets ausgeklammert, weshalb eine mathematische Beschreibung des Gesamtsystems in den Lehrbüchern des Mainstreams fehlt. Entsprechend fehlerbehaftet bis unbrauchbar sind alle gängigen Wirtschaftsprognosen. Auf ein paar der wichtigsten Denkfehler möchte ich im Folgenden näher eingehen.
- Der Zins wird nach aktueller Lehre gesehen als …
- Mass für eine Zeit- und Liquiditätspräferenz, d.h. eine Belohnung auf Konsumverzicht
- Risikoprämie für den Kreditgeber zur Abgeltung seines Verlustrisikos hinsichtlich einer allfälligen Nichtzurückerstattung des Kredits
- Preis des Geldes
- Der Zins ist das Recht des Kreditgebers, mehr Geld zurückzuerhalten als er Geld als Kredit vergeben hat. Mit der Kreditvergabe wird jedoch ausser einem administrativen Verwaltungsakt keine Leistung erbracht. Hier darf Aktivität oder Aufwand nicht mit Mehrwert generierender Leistung verwechselt werden!
- Der Zins macht aus Geld noch mehr Geld. Der Zins ist die Inzucht des Geldes. Er ist ein willkürliches, künstliches Konstrukt, das in der Natur und den Naturgesetzen nicht vorkommt. Einen „natürlichen Zins“, wie ihn die Österreichische Schule nennt, gibt es nicht, beziehungsweise ist dieser genau Null. Und das besagte auch das religiöse Zinsverbot, das über die Jahrhunderte auch im christlichen Abendland Geltung hatte.
- Jeder Zins ungleich Null generiert eine Asymmetrie, die sich systembedingt mit der Zeit verstärkt, da der Zinseszins zu einer Thesaurierung in identischem Ausmass sowohl auf der Haben-Seite (d.h. Guthaben) als auch auf der Soll-Seite (d.h. Schulden) führt. Der Zins verteilt Vermögen und Reichtum von Arm (Kreditnehmer/Schuldner) nach Reich (Kreditgeber/Gläubiger) um.
- Eine Steuerung der Geldmenge über den Zinssatz funktioniert nicht. Hier finden wir den grundlegendsten Irrtum der Monetaristen.
- Je tiefer der Zinssatz im Schuldgeldsystem ist, desto einfacher ist es, sich neu zu verschulden. Zinssenkungen erleichtern die Kreditaufnahme und damit die Ausweitung der Geldmenge.
- Wird der Zinssatz im Gegensatz dazu angehoben, wird die Kreditaufnahme und damit die Geldschöpfung erschwert weil verteuert. Da aber für die bestehenden Geldschöpfungskredite absolut gesehen mehr Zinsen bezahlt werden müssen, steigt auch der Geldbedarf für die Zinstilgung und erzwingt so die Ausweitung der Geldmenge.
- Unser Schuldgeldsystem ist zum exponentiellen Wachstum verdammt und folglich nur in Richtung Wachstum skalierbar.
- Der Leistungsaustausch in unserer arbeitsteiligen Gesellschaft setzt eine vorgängige Verschuldung voraus. D.h. irgendeine arme Sau wird immer zur Verschuldung gezwungen und muss für die Schuld einen Zins entrichten.
- Wollte man alle zur Geldschöpfung generierten Schulden vollständig tilgen, wäre gar nicht genügend Geld dafür vorhanden, weil das Geld für die noch ausstehenden Zinsen fehlte. Die Schulden in unserem Finanzsystem können nie vollständig beglichen werden.
- In den meisten Staaten sind nur Banknoten und Münzen gesetzliche Zahlungsmittel. Geldguthaben auf einem Bankkonto sind kein Geld sondern lediglich ein Geldguthaben d.h. ein Anrecht auf Geld. Bei einer elektronischen Geldüberweisung wird somit kein Geld transferiert sondern nur ein Geldanrecht in einer bestimmten Höhe.
- Inflation wird angestrebt, um die Wirkung des nominalen Exponentialwachstums der Geldmenge (wie weiter oben beschrieben) auszugleichen. Mit der damit einhergehenden Geldentwertung bewirkt sie eine Entschuldung der Geldschuldner beziehungsweise Kreditnehmer bei gleichzeitiger Enteignung der Geldbesitzer. Professionelle Grossschuldner spekulieren auf die Schulden vernichtende Wirkung der Inflation und kaufen wertbeständige Realgüter auf Pump.
- Mit dem klassischen Geldmengenmodell können Inflation und Deflation nicht hinreichend erklärt werden. Dies ist erst mit dem funktionalen Geldmengenmodell möglich, in der die Geldmenge nach den aktuellen Funktionszielen des Geldes unterschieden wird:
- Tausch → Umlaufmenge
- Aufbewahrung → Hortungsmenge.
Inflation und Deflation haben nichts mit einem Verhältnis der Gesamtgeldmenge zu einer Gütermenge zu tun! Inflation entsteht nicht automatisch durch eine Ausweitung der Gesamtgeldmenge sondern erst bei einem Anwachsen der Umlaufmenge infolge eines erhöhten effektiven oder beabsichtigten Leistungsaustauschs der Wirtschaftssubjekte, wobei es zu einer Verschiebung auf der klassischen Angebot-/Nachfragekurve kommt. Die Umlaufmenge bestimmt sich aus dem effektiven Geldbedarf der Wirtschaftssubjekte für den Tausch von Gütern und Dienstleistungen. Wenn sich Geld nur in der Hortungsmenge sammelt, führt dies nicht automatisch zu Inflation, sondern die Hortungsmenge bildet lediglich ein Inflationspotenzial. Es ist quasi das Damokles-Schwert des Geldmengenwachstums, wenn dieses bloss in der Hortungsmenge stattfindet. Ein Abfluss aus der Umlaufmenge in die Hortungsmenge hat bei gleichzeitigem Wachstum der Gesamtgeldmenge sogar deflationäre Auswirkungen, wenn die Umlaufmenge insgesamt schrumpft. Das zur Spekulation eingesetzte Geld im Casino-Kapitalismus ist der Hortungsmenge zuzurechnen, da es nicht dem Tausch realer Leistungen dient.
Das funktionale Geldmengenmodell - Die gängige Konjunkturtheorie bezeichnet ein Wirtschaftswachstum von 2 Prozent als Stabilität und Gleichgewicht. Solch einen Schwachsinn muss man wohl als Angriff auf den Intellekt von Physikern und Mathematikern sehen, denn eine Funktion mit einem konstanten Zuwachs von 2 Prozent ist alles andere als konstant und im Gleichgewicht sondern eine Exponentialfunktion, die in der Natur so nur in pathologischer Form vorkommt und nur zeitlich begrenzt existieren kann, bis das jeweilige System kollabiert. Ein solches Wirtschaftswachstum kann auch nur nominal und nie real sein. Die Forderung nach immer mehr und nicht enden wollendem Wirtschaftswachstum ist einzig dem systembedingten, exponentiellen Geldmengenwachstum geschuldet. Die Realwirtschaft wird von einem Schneeballsystem diktiert.
Der gesamte Designfehler unseres Finanzsystems beruht auf zwei fundamentalen Fehlern, aus denen ein systeminhärenter Widerspruch resultiert:
- Obwohl Geld dem Vergleich und Austausch von Leistungen dienen soll, entsteht Geld durch Verschuldung anstatt durch Leistung. Diese Schuld ist ein Leistungsversprechen für in der Zukunft zu erbringende Leistung sowohl für die Tilgung der Schuld selber als auch der Zinsen. In einem Leistungsgeldsystem wäre Geld ein Leistungsguthaben für bereits erbrachte Leistung.
- Der Zins wird als Preis des Schuldgeldes betrachtet. In einem Leistungsgeldsystem wäre ein Zins überflüssig, denn der Preis des Geldes würde genau seinem Eigenwert beziehungsweise dem Wert der geleisteten Arbeit entsprechen, durch die es erzeugt wurde. Damit würde sich auch jegliche Diskussion über die (Un-)Ethik des Zinses erübrigen.
- Geld ist selber auch ein handelbares Gut, weil es einen Preis hat, der sich nach klassischer Lehre der Ökonomie durch Angebot und Nachfrage unter Berücksichtigung der Grenznutzentheorie ergibt. Dieser Preis liegt (zumindest nominal) im Durchschnitt immer über dem Wert, den das Geld bei seiner Schöpfung gehabt hat, weil mit dem Handel immer eine Gewinnabsicht einher geht. Als Handelsgut verliert es aber gleichzeitig seine primäre Funktion als Tauschmittel. Es ist dann nicht mehr Mittel sondern wird zum Zweck. Wenn Geld zugleich sowohl ein neutrales (d.h. keines der Tauschpartner bevorzugendes) Tauschmittel als auch ein Handelsgut mit Gewinnabsicht sein soll, ist dies ein systeminhärenter Widerspruch und daher Designfehler.
Unser zinspflichtiges Schuldgeldsystem basiert auf und führt zu einer systematischen Übervorteilung des Kreditnehmers, der Geld benötigt und zwecks Geldschöpfung zur Verschuldung genötigt wird, durch den Kreditgeber, der als Gegenleistung für ein in der Zukunft einzulösendes Zahlungsversprechen einen virtuellen Wert generiert und dafür zusätzlich einen Zins erhält.
Fiat Money und die Gier
Die Geldschöpfung aus dem Nichts (lat./engl. „fiat money“ = es werde Geld!), die von einigen Kritikern des Geldsystems völlig zu Recht angeprangert wird, ist in der Tat ein Übel und findet sowohl bei den Zentralbanken als auch bei den Geschäftsbanken statt. Eine Bank verleiht dabei nicht die Guthaben der Sparer, sondern verleiht weitgehend unabhängig davon Geld, das sie eigentlich gar nicht hat und das erst durch die Installation des Kredits entsteht. Dies war früher im SNB Lexikon unter „Geldschöpfung“ nachzulesen und dies haben mittlerweile sogar einige Banken offiziell bestätigt, unter anderem auch die „Bank of England„. Verstehen tun es jedoch die wenigsten. Ermöglicht wird das Fiat Money erst durch die Regeln der doppelten Buchhaltung, weil die Kreditgeldschöpfung durch eine simple Bilanzverlängerung erfolgt. Dadurch ist das Geld im System einmal als Guthaben vorhanden und einmal als Forderung, die wiederum als Sicherheit für weitere Geldschöpfung pfändbar ist. Und diese Kaskade kann praktisch beliebig fortgesetzt werden. Das erkennt man besser, wenn man die Bilanz einer Bank etwas anders als für Banken üblich in der Form für ein reguläres Unternehmen darstellt:
Bilanz einer Kreditbank (klicke auf das Bild, um es zu vergrössern)
Wird das über den Kredit geschöpfte Geldguthaben ausbezahlt, kann dies in Bargeld oder als Giralgeld, d.h. als Übertrag auf ein anderes Konto bei der gleichen oder einer anderen Bank erfolgen. Bei der Barauszahlung im ersteren Fall, muss sich die Bank das Bargeld bei der Zentralbank besorgen, indem sie sich bei dieser selber verschuldet und dafür mit pfändbaren Sicherheiten garantieren muss. Deshalb mögen Banken diese Variante nicht und tun alles, um eine Barauszahlung zu vermeiden, zumal ihr diese zusätzlichen Aufwand verursacht. Durch die Barauszahlung wird die Bilanz der Kreditbank wieder verringert und jene der Zentralbank verlängert, d.h. die Bilanzverlängerung wird zur Zentralbank transferiert. Im letzteren Fall, der Kontoüberweisung wird die Bilanzverlängerung zur Bank des Begünstigten transferiert. Sind zwei verschiedene Banken involviert, erfolgt dies via das Interbanken-Clearing. In jedem Fall bleibt die Bilanzverlängerung im Gesamtsystem erhalten. Die einzige Möglichkeit, diese wieder (zumindest teilweise) zu vernichten, besteht nur mit einem Schuldenschnitt im Fall einer Bankliquidierung. Die Geldschöpfung aus dem Nichts führt zu schwerwiegenden Problem, ist aber keine primäre Problemursache sondern eine logische Konsequenz der Regeln unserer Schuldgeldschöpfung und der Buchhaltung des Finanzsystem. Dieser Kausalzusammenhang ist zumindest auf den ersten Blick nicht offensichtlich.In einem leistungsbasierten Geldsystem wäre eine Geldschöpfung aus dem Nichts gar nicht möglich. Weil dann Geld eine Leistungsgutschrift wäre, müsste für die Geldschöpfung immer zwingend zuerst ein realer Mehrwert durch Arbeit geschaffen werden.
Die Geldschöpfung aus dem Nichts entfaltet insbesondere dann ihre kriminelle Wirkung, wenn der Kreditschuldner seiner Zinszahlungs- und Schuldtilgungsverpflichtung nicht nachkommen kann und die hinterlegte Sicherheit von der Bank verwertet wird, was immer unter dem eigentlichen Wert der Sicherheit erfolgt, weshalb der Wert der Sicherheit immer wesentlich (d.h. mind. 20%) über dem Kreditbetrag liegt. Der Schuldner wird enteignet und die Bank erhält für den aus dem Nichts geschöpften, virtuellen Wert einen realen Wert zur Verwertung, dessen Wert über dem Nominalwert der Schuld liegt. Der Ersteigerer der Sicherheit erhält diese in der Regel unter ihrem realen Wert, d.h. der Kreditschuldner legt immer drauf und wird gleich doppelt übervorteilt. Liegt der Liquidationserlös sogar unter dem offenen Schuldbetrag, muss der Kreditschuldner den Fehlbetrag nachschiessen oder kann beziehungsweise muss sich dafür wieder neu verschulden, sofern er noch von irgendeinem Kreditgeber als Schuldner akzeptiert wird. Bezahlt der Schuldner hingegen seinen Kredit ab, muss das Geld für die Tilgung des Kredits wiederum anderswo durch Kreditvergabe bzw. Verschuldung geschöpft werden. Zinspflichtig, versteht sich! Es ist somit gar nicht möglich, alle entstandenen Schulden jemals wieder „glatt zu stellen“, d.h. zu vernichten. Und je mehr Schuldgeld aus dem Nichts geschöpft wird, desto mehr Zinsen fliessen den Banken zu. So versteht es sich, dass Banken nie an der Tilgung von Krediten interessiert sind. Wie die Pharmaindustrie die Kranken möglichst nur soweit heilt, dass sie nicht wegsterben, aber nie ganz gesunden, und weiterhin Umsatz generieren, reduzieren Banken die „gewährten“ Kredite nur punktuell und nur soweit, als dass sie dies zur Risikominimierung von unerwünschten Kreditausfällen für nötig halten. Dieses Schneeballsystem lässt die Geldvermögen der Banken als Kreditgeber nicht bloss stetig sondern exponentiell anwachsen. Allein die Bilanzsumme der Schweizer Banken ist in der Zeit von 1960 bis 2014 von gut 59 Milliarden auf über 3 Billionen angewachsen, d.h. um etwas mehr als den Faktor 50 innert 54 Jahren! Grafiken werden dazu immer mit einer logarithmischen Geldachse dargestellt, um den Eindruck eines praktisch linearen Verlaufs zu erwecken und so die exponentielle Charakteristik dieser Wachstumskurve zu verschleiern:
Banken in der Schweiz: Bilanzsumme 1960 bis 2014 (klicke auf das Bild, um es zu vergrössern)
Dass eine Bank die Guthaben ihrer Sparer verleiht, ist ein Mythos, und dass die Bank den Sparern einen Zins bezahlt, ist lediglich ein „Ablenkungsmanöver“. Die Spareinlagen dienen lediglich als Teil der „Mindestsicherung“ für sämtliche Guthaben bei einer Bank und dies schliesst auch die von der Bank vergebenen Kredite mit ein. Dabei beträgt die Mindestsicherung nur einen Bruchteil der Bankguthaben. Dies wird auch als „Fraktionales Reserve-System“ bezeichnet. Dabei kann die Bank ein Mehrfaches der Spareinlagen an Krediten aus dem Nichts allein durch eine Bilanzverlängerung generieren. Den Sparern bezahlt die Bank einen Sparzins, der erstens wesentlich tiefer als der Zins ist, den die Bank für ihre Kredite verlangt, und zweitens nur einen Bruchteil dessen beträgt, was die Bank an Kreditzinsen einnimmt. Die Einnahmen der Bank aus den Kreditzinsen übersteigen die Summe der ausbezahlten Guthabenzinsen um Faktoren.
Der Zins ist das Produkt der menschlichen Gier. Wer sein Geld zwecks Kapitalmehrung anlegt (d.h. z.B. zur Bank bringt) und erwartet, als „Gegenleistung“ über den Zins immer mehr Geld zu erhalten, ohne selber dafür arbeiten zu müssen, ist hochgradig wahrnehmungs- und verhaltensgestört und gehört eigentlich in psychiatrische Behandlung. Diese Denkkrankheit ist bereits seit Generationen sehr tief in unserer Gesellschaft verankert und ihre Heilung bedarf einer radikalen Systemumstellung. Im strategischen Management wird ein solches Problem als Paradigma-Paralyse bezeichnet. Ihre Überwindung ist nur mit grundlegend neuen Denk- und Lösungsansätzen möglich.
Spekulation und Marktwirtschaftskrieg
Die allgemeine Aufmerksamkeit im Bezug auf die Ursachen der Finanzkrise wird leider meist auf die Exzesse der Finanzindustrie gelenkt, welche erst durch die oben genannten Irrlehren und Konstruktionsfehler ermöglicht werden. Die Exzesse erschaffen Blasen, die naturgemäss irgendwann platzen. Sie basieren immer auf Spekulationen. Den bedeutendsten Problemherd bildet der Handel mit Derivaten. Dabei handelt es sich ausnahmslos um Finanzwetten, die auf das Eintreten von Ereignissen wie fallende oder steigende Preise, sonstige Risiken oder auch Wetterereignisse abgeschlossen werden. Die Spekulanten dieses Casino-Kapitalismus nennen sich gerne Investoren, Investment Banker oder Wertschriften- und Devisenhändler. Sie sind hochgradig spielsüchtig und haben die Spekulation zu ihrem Beruf gemacht. Sie suchen nach Gesetzeslücken und Informationsvorsprüngen, um ihre Konkurrenten austricksen zu können. Wenn dies nicht hilft, manipulieren sie den Spekulationsmarkt auch gerne mal in gesetzwidriger Art und Weise.
Die Medien berichten regelmässig von immer neuen solchen Skandalen und Bussen, die in diesem Zusammenhang an Banken und andere Finanzspekulanten ausgesprochen werden. Wir scheinen uns aber bereits so sehr daran gewöhnt zu haben, dass sich anscheinend kaum noch jemand darüber empört. Diese Lethargie behindert das Erkennen der eigentlichen Problemursachen und verhindert das Entstehen von neuen Lösungsansätzen zusätzlich. Die vorherrschende neoliberale Lehre der Ökonomie betrachtet den Wettbewerb der Wirtschaftssubjekte als Grundstein einer freien Marktwirtschaft. Der Neoliberalismus soll Gelegenheit und Chance für mehr Eigenverantwortung sein. In Wahrheit ist dieser Wettbewerb jedoch ein Euphemismus für Wirtschaftskrieg, in dem jeder gegen jeden kämpft. Die auf Konkurrenz basierende Ökonomisierung spielt die Menschen gegeneinander aus und produziert zwangsläufig immer Gewinner und Verlierer. Unseren Kindern lehren wir ein konstruktives Miteinander, doch wenn sie im Erwerbsleben ankommen, lernen sie, dass sie gegeneinander spielen sollen und der Stärkere gewinnt. Der ökonomische Erfolg zur Mehrung des Kapitals von Individuen steht über dem Gemeinwohl. Wertschätzung, Respekt und Fairness verlieren jegliche Bedeutung. Dies hat fatale Folgen für die gesamte Gesellschaft.
Alternative Denkansätze
Besonders seit der 2008 ausgebrochenen Finanzkrise erfahren alternative Geldsysteme eine steigende Beachtung und Sympathie. Einige der meistdiskutierten Auswege aus der Finanzkrise werde ich im Folgenden kurz beleuchten.
Golddeckung
Immer wieder sind Stimmen zu hören, welche die Goldbindung beziehungsweise -deckung des Geldes wieder einführen wollen. Diese wurde einst abgeschafft, weil es irgendwann nicht mehr genügend Gold zur Deckung der Geldmenge gab, die durch den exponentiellen Wachstumszwang angewachsen war. Der Wert des Goldes ist aber ebenso wie der des Geldes eine reine Glaubenssache und beruht auf einem Konsens über den Wert des Goldes. Dieser Wert des Goldes wird wiederum in Geld gemessen, was einen logischen Zirkelschluss darstellt, d.h. hier beisst sich die Katze in den Schwanz. Auch wenn ein Goldbarren im Gegensatz zu einer Banknote, die nichts weiter als ein Schuldschein ist und bis zur Aufhebung der Golddeckung ein Anrechtsschein auf Gold war, physisch greifbarer ist, so wird bei einer Golddeckung des Geldes nur die schöpfbare Geldmenge durch die Goldmenge begrenzt. Dies führt lediglich dazu, dass der Schwindel mit dem Schneeballsystem schneller auffliegt. Damit werden aber keine Probleme gelöst. Durch die raschere Enttarnung des Schwindels werden wenigstens weitere Wachstumsexzesse verhindert und die Wirtschaft zur frühzeitigeren Lösung des Problems gezwungen. Im dümmsten Fall besteht diese aus einem Reset des Systems mit allen damit verbundenen Folgen, insbesondere einer massiven Vermögensumverteilung und einem anschliessenden Neustart nach den bisherigen Regeln. Auf dieses Szenario stellen sich einige Spekulanten bereits ein und flüchten ihr Geldvermögen in Realkapital. Die limitierte Skalierbarkeit ist ein gravierender Nachteil des Goldstandards, weil auch wenn der Geldbedarf durch Bevölkerungswachstum oder infolge gestiegener Wirtschaftstätigkeit zunimmt, vermag die schöpfbare Geldmenge damit nicht Schritt halten, was dazu führt, dass die Wirtschaft abgewürgt wird. Das wäre dann eine systembedingte Wirtschaftsverhinderung.
Islamic Banking
Finden wir eine Lösung im islamischen Geld- und Wirtschaftssystem?
Loretta Napoleoni: Die Zuhälter der Globalisierung
Auch wenn das Zinsverbot, das im Christentum abgeschafft wurde, im Islam zumindest theoretisch noch Gültigkeit hat, wird es mit kreativen Konstrukten und Euphemismen umgangen. Was auf den ersten Blick als zukunftsweisend erscheint, entpuppt sich in der Praxis bei genauerem Hinsehen als Schwindel.
Bedingungsloses Grundeinkommen
Bedingungsloses Grundeinkommen einfach erklärt
Das bedingungslose Grundeinkommen (BGE) begründet ein vollkommen neues Wirtschaftsmodell, schafft weitere Abhängigkeiten sowohl vom Staat als auch von der Freiwilligkeit von Wirtschaftsleistung und ist nicht skalierbar. Die neue, exotische Denkschule mit einem revolutionärem Heilsversprechen hat durchaus ihren Reiz. Die Verführung basiert auf der vermeintlichen Erlösung von einer „Geldknechtschaft“ oder „Geldbeschaffungskriminalität“ sowie einer angeblich gerechteren, sozialeren Gesellschaft bei gleichzeitiger Möglichkeit zur Selbstverwirklichung. Bei eingehender Analyse kann jedoch keines der Versprechen erfüllt werden. Das bedingungslose Grundeinkommen ist ein Leistungsabrufsystem mit freiwilliger Erbringung einer gleichwertigen Gegenleistung und verletzt somit den Energieerhaltungssatz (siehe weiter unten). Die mathematischen Berechnungsmodelle sind grobfahrlässig unvollständig und daher auch die Schlussfolgerungen daraus komplett falsch. Das System ist ebenso wenig skalierbar wie das aktuelle Schuldgeldsystem und setzt ein bestimmtes Menschenbild voraus, das in der Realität nur beschränkt zutrifft. Beim BGE ist Geld nicht mehr ein Tauschmittel, weil dabei kein Tausch von Leistungen zwischen zwei Parteien stattfindet. Jeder bekommt Geld frei von irgendwelchen Bedingungen einfach so und kann dafür ein Minimum an Leistungen beziehen. Erst wenn er noch mehr Leistungen beziehen will, muss er dafür seinen Finger aus dem Anus ziehen. Beim BGE steht der grossen Zahl von Leistungsbezügern eine wesentlich kleinere Zahl von freiwilligen Leistungserbringern gegenüber. Diese sollen und nur diese können auch den gesamten Leistungsbedarf decken. Dass dies mathematisch eine Ungleichung darstellt und daher nicht funktionieren kann, sollte jedem mathematisch Mindestgebildeten einleuchten. Offenbar gibt es aber eine nicht zu vernachlässigende Minderheit, deren Bildungsniveau darunter liegt. Mich irritiert ganz besonders, dass einige (angeblich) sogar eine akademische Ausbildung absolviert haben. Das bedingungslose Grundeinkommen ist die „hedonistische Perfektion des Kommunismus“ und eine gefährliche Sozialutopie. Sie führt letzten Endes in eine totalitäre Versklavung.
Schwundgeld in Silvio Gesells natürlicher Wirtschaftsordnung
Silvio Gesell hatte erkannt, dass Geld in Form von Noten und Münzen seinen Wert behielt, während Waren und insbesondere Lebensmittel vom natürlichen Verfall betroffen waren. Der Geldbesitzer hatte daher dem Warenbesitzer gegenüber einen strategischen Vorteil und konnte durch das Hinauszögern des Kaufs den Verkäufer unter Druck setzen. Um dieses Ungleichgewicht auszugleichen, erfand er einen Negativzins in Form einer Haltegebühr für Geld. Der Negativzins auf Geldvermögen bewirkt, dass die Hortung von Geld unattraktiv wird und dadurch einer exzessiven Akkumulation des Geldes in der Hortungsmenge entgegengewirkt wird. Das Geld verbleibt hauptsächlich in der Umlaufmenge und erfüllt seine primäre Funktion als Tauschmittel. Vermögen wird nicht in Geld gehalten sondern in Realkapital investiert. Diese beiden Effekte haben positive und stimulierende Auswirkungen auf die Wirtschaftstätigkeit. Gesells „Freigeld“ in seiner „natürlichen Wirtschaftsordnung“ basiert aber ebenfalls auf einem Schuldgeldsystem, wenn auch ohne Schuldzinsen. Es dämpft den Abfluss des Geldes aus der Umlaufmenge in die Hortungsmenge, sichert dem Staat Einnahmen durch die Geldhaltegebühren und sorgt dafür, dass mit dem Geldfluss der Leistungsaustausch und damit die Wirtschaft nie zum Erliegen kommt. Gesells Idee von der Geldhaltegebühr kommt einer Vermögensbesteuerung gleich, die nur auf Geldvermögen beschränkt ist. Auf weitere Unzulänglichkeiten von Gesells Freiwirtschaftstheorie möchte ich nicht weiter eingehen, obschon seine Theorien auch etwas Sympathisches und Bestechliches haben. Leider basiert auch Gesells natürliche Wirtschaftsordnung nur auf moralischen Imperativen und Annahmen zu ihren Auswirkungen. Ein mathematisch vollständige Beschreibung des Systems fehlt.
Alle bisherigen auf einem Schwundgeld basierenden Geldsystemexperimente wie „das Wunder von Wörgl“ 1932 waren von nur sehr kurzer Dauer und es konnten nur die positiven Effekte beobachtet werden. Die negativen Effekte treten erst viel später auf. Infolge der jeweils zu kurzen Beobachtungszeiträume konnten diese gar nicht auftreten. Die Forderung dieser Denkschule nach einem stets fliessenden Geld ist richtig, aber leider nicht hinreichend. Gesells Idee vom „Freiland“ hingegen ist ein geeigneter Lösungsbeitrag zur Demokratisierung von natürlichen Ressourcen und zur Verhinderung von exzessiven Vermögensasymmetrien und der damit einhergehenden Ausbeutung.
Regionalgeld
Was ist Regionalgeld?
Eine auf Regionalgeld basierende Wirtschaft ist das Gegenteil einer globalisierten Wirtschaftsordnung. Durch die geographische Beschränkung wird das Geld aus den Erlösen wieder in der Region ausgegeben, in dem es erwirtschaftet wurde. Es entsteht eine regionale Kaufkraftbindung. Die regionale Wertschöpfung wird gestärkt und gefördert, die Transportwege werden verkürzt und die Produktion rückt so näher zum Konsumenten. Dies ist sowohl in ökonomischer als auch in ökologischer Hinsicht sehr sinnvoll. Durch die Nähe zum Kunden werden Qualitätszertifikate überflüssig. Der Kunde weiss, wo und durch wen seine Produkte hergestellt werden. Er kann viel einfacher in die Produktionsprozesse Einblick nehmen und kennt sicher auch den einen oder anderen Mitarbeiter des Produzenten, wenn nicht gar den Produzenten selber. Dadurch entsteht eine soziale Kontrolle, die einen aufgeblähten Verwaltungsapparat zur Qualitätsüberwachung völlig überflüssig macht. Und auch gegenüber globalen Krisen ist ein auf Regionalgeld aufbauendes Wirtschaftssystem viel weniger anfällig, da es viel unabhängiger von den Einflüssen anderer Regionen ist, die über ein globalisiertes Geldsystem übertragen werden. Weitere Details dazu finden sich zum Beispiel beim Verband der Regiogeld-Initiativen „Regiogeld e.V.„.
Systemtheoretische Grundlagen und Analogien für Lösungsansätze
In meinem neunten Beitrag hatte ich das funktionale Geldmengenmodell vorgestellt, mit dem sich sogar Deflation bei gleichzeitigem Geldmengenwachstum erklären lässt. Geld kann nicht gleichzeitig als Tauschmittel und als Mittel zur Wertaufbewahrung dienen. Gleichzeitig treibt der Zins im Schuldgeldsystem das Geldmengenwachstum nominal mit exponentieller Geschwindigkeit voran, wodurch der Wert einer Geldeinheit sinkt, d.h. das Geld entwertet wird. Eine Analogie finden wir in der Physik. Energie kann immer nur genau eine Form zu einem bestimmten Zeitpunkt einnehmen. Kinetische Energie (entspricht dem Geldumlauf) und potenzielle Energie (entspricht der Geldhortung) können in einander umgewandelt werden. Die dabei immer auch mehr oder weniger entstehende Wärmeenergie durch Reibungsverluste oder sogar Deformation könnte man versucht sein, mit dem Zins gleichzusetzen, was jedoch mathematisch falsch wäre. Während in der Physik der Energieerhaltungssatz weiterhin seine Gültigkeit hat und die Summe aller Energien in einem geschlossenen System konstant bleibt, muss das zinspflichtige Schuldgeldsystem ständig wachsen, um die Zinsen durch zusätzliche Kredite für die aktuell geschöpfte Kreditgeldmenge bezahlen zu können. Wenn Geld aber ausschliesslich ein Mittel wäre, das dem Leistungs- beziehungsweise Energietausch diente, müsste die zu tauschende Leistung zuvor zwingend zuerst durch Arbeit geschaffen werden. Ein Geldmengenzuwachs wäre stets proportional zum durch Arbeit pro Zeitraum geschaffenen Gesamtmehrwert und der Energieerhaltungssatz wäre erfüllt. Wenn die Geldmenge dem effektiven Geldbedarf entsprechen soll, muss sie in beide Richtungen skalierbar sein. Dabei muss das Finanzsystem mit der Realwirtschaft im Gleichgewicht sein und das Finanzsystem muss der Realwirtschaft dienen und nicht umgekehrt.
Geldschöpfung und Geldvernichtung müssen einen klar definierten und kontrollierten Regelkreis bilden. Wie oben bereits erwähnt, darf Geld nicht durch Schulden sondern muss durch Leistung d.h. durch realen Mehrwert generierende Arbeit entstehen. Geld ist nicht mehr eine Schuld sondern ein Leistungsguthaben für erbrachte Leistung. Auf der anderen Seite muss Geld dort zwecks Vernichtung abgeschöpft werden, wo es überschüssig ist. Damit werden exzessive Akkumulation von Geld und Vermögen verhindert und der soziale Frieden gestärkt. Die einzige Instanz, welche die Kompetenz zum Einzug von Geld hat, ist der Staat, der dies durch die Erhebung von Steuern tut. Zugleich kann der Staat Aufträge für Arbeiten vergeben, die dem Gemeinwohl dienen. Die Schöpfung von zusätzlich benötigtem Geld kann durch die Entlöhnung dieser Arbeiten erfolgen. So schliesst sich der Kreis und der Staat und damit die Allgemeinheit behalten die Hoheit über das Geldsystem, d.h. Geld wird zum gemeinschaftlich verwalteten Allgemeingut wie Luft und Wasser. Wenn dann bei der Vergabe von Arbeiten durch den Staat sozial Schwache und Bedürftige bevorzugt berücksichtigt werden, kann dadurch der grösste Teil des Sozialwesens vereinfacht und effizienter gemacht werden, Arbeit wird gerechter verteilt und Langzeitarbeitslosigkeit gehört der Vergangenheit an. Wer jetzt reflexartig „Kommunismus“ denkt, hat nichts verstanden und wird gebeten, diesen Artikel nochmals von Anfang an zu lesen. Ein solches System kommt vielmehr der von Christian Felber postulierten Gemeinwohl-Ökonomie entgegen. Ein auf diesen Grundlagen konzipiertes Finanz- und Wirtschaftssystem muss natürlich noch vollständig austariert werden und es müssen zweckmässige, klare, gerechte und allgemein akzeptierte Regeln definiert werden, um das System im Gleichgewicht zu halten. Dies ist eine anspruchsvolle, aber keinesfalls unlösbare Aufgabe, denn schliesslich hat es die Menschheit auch geschafft, auf den Mond zu fliegen. Ein Scheitern droht höchstens durch die Gier und den Egoismus einzelner Extrem-Profiteure des bisherigen Systems.
Und was jetzt?
In kommenden Beiträgen werde ich die Grundzüge eines solchen leistungsbasierten Finanz- und Wirtschaftssystems weiter detaillieren und anschliessend mögliche Wege zur friedlichen Transformation erörtern.
Eine positive Grundeinstellung und Bildung sind wichtig und der Glaube an Werte sowie ein gesellschaftlicher Konsens darüber sind grundlegend. Wer dann auch noch konstruktiv mitdenkt, ist herzlich eingeladen, seine Ideen zu Lösungen beizutragen. 🙂 Ich freue mich über jede Unterstützung!
Vielen Dank für die sachliche Einleitung zum Thema des aktuellen Finanzsystems. Das Streben nach einem tatsächlich dauerhaft funktionsfähigen System ist eine große Herausforderung und aufgrund der aktuellen globalen Situation meiner Meinung nach unumgänglich.
Ich finde den Ansatz sehr gut die Probleme an ihrer Ursache zu packen und dort nach selbststabilisierenden Systemlösungen zu suchen.
So wie ich das sehe, ist das eigentliche Problem und damit die Wurzel aller auch hier behandelten Schwierigkeiten der Glaube des einzelnen Menschen selbst.
Am Beispiel der Pfändung bei nichterfüllung einer Kreditschuld aufgezeigt, ist ein Vertrag zwischen Kreditnehmer (und damit Sicherheitengeber) und Kreditgeber nur so lange etwas Wert, wie beide Parteien daran Glauben. Meiner Meinung nach lässt sich nahezu jedes beliebige System auf den Glauben des Menschen an das System reduzieren, nur damit bleibt es am Ende auch bestehen.
Was uns tatsächlich weiterbringt, und damit meine ich Weiterbringen in Sachen Lebensqualität, Freude und alle Dinge die das Leben lebenswert machen, ist eine positive Grundeinstellung eines jeden einzelnen. Der Mut und die Kraft über den selbst getroffenen Entscheidungen zu stehen, an die eigenen Werte zu glauben und an den eigenen Grundsätzen festzuhalten.
Kurz gesagt:
Was uns weiterbringt ist unabhängige, jedem zugängliche Bildung.
Wenn wir alle anfangen mitzudenken, wird sich sicherlich einiges ändern und stabilisieren.
Das geht nicht von heute auf morgen, aber es liegt an uns den ersten Schritt zu tun 🙂