Alle Wirtschaftsprognosen, die auf den gängigen Wirtschaftsideologien und der klassischen Geldmengentheorie beruhen, liefern keine brauchbaren Ergebnisse. Mit ihnen lassen sich weder die aktuelle Finanz- und Wirtschaftslage noch deren künftige Entwicklung vernünftig beschreiben. Das lässt sich auf die Ignoranz des Widerspruchs in den Funktionszielen des Geldes zurückführen. Erst das funktionale Geldmengenmodell liefert eine brauchbare Grundlage.
Klassische Geldmengentheorie ist irreführend
Inflation und Deflation lassen sich in der aktuellen Wirtschaftslage mit der klassischen Geldmengentheorie nicht erklären. Das liegt nicht allein daran, dass diese beiden Begriffe sehr oft falsch gebraucht werden. Inflation bezeichnet eigentlich die Erhöhung der Geldmenge, wogegen Deflation eine Geldmengenreduktion bezeichnet. In der Praxis werden die Begriffe jedoch meist für die Auswirkungen verwendet, wobei man mit Inflation eine Geldentwertung mit steigenden Preisen und mit Deflation eine Geldaufwertung mit sinkenden Preisen bezeichnet, die auf einer Veränderung des Verhältnisses von der Geldmenge zur Gütermenge beziehungsweise zum Warenäquivalent beruht.
Klassische Geldmengentheorie
Mit den Konjunkturförderprogrammen der Regierungen wurde sehr viel neues Geld geschaffen. Dafür musste sich der Staat verschulden. Für diese Schulden bürgen die Steuerzahler, die auch für die dafür anfallenden Zinskosten aufkommen müssen. Gemäss der gängigen Geldmengentheorie müsste eine derart massive Erhöhung der Geldmenge inflationäre Auswirkungen haben, d.h. zu einer Geldentwertung und einer (nominalen) Teuerung führen. Doch in der Praxis lässt sich abgesehen von einzelnen Preisanstiegen im Detailhandel, welche allerdings mehr auf eine zukunftsangstbedingte Preisabschöpfung („price skimming“) zurückzuführen sind, das Gegenteil beobachten. Weil Investitionen der Unternehmen und Anschaffungen der Privathaushalte hinausgeschoben werden und das vorhandene Geld stattdessen für den Abbau von allfälligen Schulden oder für Spekulationen an den Finanzmärkten verwendet wird, wird der Kampf um die Kunden härter. Das drückt auf die Preise und lässt die Gewinnmargen schrumpfen.
Funktionales Geldmengenmodell
Eine deflationäre Wirkung bei Ausweitung der Geldmenge scheint auf den ersten Blick ein Widerspruch zu sein, der sich durch die gängige Geldmengentheorie nicht erklären lässt. Ökonomen und Politiker versuchen, sich esoterischer Erklärungen zu behelfen, oder versteifen sich in ihrer Ignoranz. Dabei gibt es dafür eine ganz einfache und logische Erklärung. Der Widerspruch beruht auf den widersprüchlichen Funktionszielen des Geldes, sowohl als Tauschmittel als auch als Mittel zur Wertaufbewahrung zu dienen (wie ich bereits im dritten Beitrag ausgeführt habe).
Die Geldmenge lässt sich analog zu den beiden Funktionszielen in eine Umlaufmenge und eine Hortungsmenge teilen. Das Problem dabei ist, dass die beiden Mengen keine scharfe sondern eine fliessende Grenze haben, da nur willkürlich festgelegt werden kann, ab welcher Dauer des Nichtgebrauchs als Tauschmittel das Geld der Hortungsmenge zugeordnet wird. Dies erschwert eine mathematische Beschreibung. Zudem ist auch die Erhebung der dazu benötigten Daten eine nicht hinreichend zu bewältigende Aufgabe. Deshalb existieren dazu auch keine brauchbaren Statistiken.
Funktionales Geldmengenmodell
Der Wert des Geldes entsteht vor allem in unserem Fiat Money System durch den Glauben an den Wert des Geldes. Solange die Menschen an diesen Wert glauben, horten sie Geld, das nur über Investition, Konsum oder Kreditvergabe wieder der Umlaufmenge zugeführt werden kann. Verlieren sie diesen Glauben, versuchen sie, ihr Geld beziehungsweise ihre Geldguthaben in Realkapital zu transferieren, bevor das Geld ganz seinen Wert verliert, und spülen so das Geld aus der Hortungsmenge innert kurzer Zeit mit grosser Geschwindigkeit in die Umlaufmenge, was dann zu einer Hyperinflation (der Umlaufmenge) führt. Dieses Risiko ist das Damoklesschwert in unserem Geldsystem. Je grösser die Hortungsmenge im Verhältnis zur Umlaufmenge wird, desto grösser wird dieses Risiko und die Wahrscheinlichkeit, dass uns das Schwert ökonomisch lebensgefährlich verletzt.
Die Umlaufmenge schrumpft ständig durch den Zinsfluss zu Gunsten der Hortungsmenge. Der Schwund der Umlaufmenge durch diesen Zinsabfluss muss durch ständige Neuverschuldung kompensiert werden, um die Umlaufmenge und damit die Liquidität am Markt aufrecht zu erhalten. Wenn nun der Staat mit der dauernden Neuverschuldung aufhört und effektiv zu sparen und Schulden abzubauen beginnt, führt dies dazu, dass die Umlaufmenge noch mehr schrumpft und die Hortungsmenge entsprechend wächst. Dann wird der Unterschied zwischen der durch den Zinseszins exponentiell wachsenden Hortungsmenge (und damit auch der Gesamtgeldmenge) beziehungsweise Finanzwirtschaft und der der logistischen Kurve folgenden Realwirtschaft nicht mehr (auf Pump) kompensiert. Bauen auch die Banken, Unternehmen und Privathaushalte ihre Schulden ab, fliesst der Hortungsmenge noch mehr Geld aus der Umlaufmenge zu. Dies führt zur Deflation in der Umlaufmenge.
Wenn nicht mehr genügend verpfändbare Güter vorhanden sind, die sich als Sicherheit für die Geldschöpfung durch Kreditvergabe hinterlegt werden können, kommt es zur Verwertung der Sicherheiten der nicht mehr bedienten Kredite und damit zu einer Vermögensumverteilung von den Schuldnern zu den Gläubigern. Durch den Zins und Zinseszins sind die Schulden aber um ein Mehrfaches grösser geworden als der Wert der Sicherheiten. Dies führt zu einer unverhältnismässigen Zwangsenteignung. Unser Geld- und Wirtschaftssystem ist krank und nicht zu retten. Je schneller wir dies erkennen und eingestehen, desto schneller und besser wird es uns vielleicht gelingen, ein funktionierendes System zu schaffen.
Der Denkfehler der Keynesianer
Das durch die Konjunkturförderprogramme geschaffene Geld wird der Umlaufmenge einmalig zugeführt und diese dadurch kurzzeitig erhöht. Die Gewinne aus diesen Geschäften jedoch landen anschliessend in der Hortungsmenge, weil die Unternehmen und ihre Eigentümer diese für schlechte Zeiten sparen und horten. Sie legen sich quasi einen Notvorrat für den kommenden Winterschlaf an. Durch die anschliessende Hortung wird die frisch geschaffene Liquidität wieder umgehend vernichtet. Deshalb verpufft die Wirkung konsumorientierter Massnahmen zur Wirtschaftsförderung schnell wieder. Der Denkfehler der Keynesianer (und auch vieler anderer Wirtschaftsideologieanhänger) besteht in der fehlenden Unterscheidung zwischen Hortungs- und Umlaufmenge. Die vorübergehende Liquidität zur Verhinderung eines unmittelbaren Wirtschaftskollapses wird mit Staatsverschuldung teuer erkauft und lediglich vertragt. Die langfristigen Kosten dafür überwiegen den kurzfristigen Nutzen um ein Mehrfaches. Trotzdem wird in der Politik und in den Massenmedien immer noch behauptet, dies sei der einzige, richtige Weg, um die Krise zu bewältigen. Errare humanum est, sed in errore perseverare stultum.