Author: Sociobilly

Medien empören sich über die Empörten

Die friedliche Protestaktion von „Occupy Paradeplatz“ hat den Steuerzahler der Stadt Zürich im letzten Jahr angeblich 72’500 Franken gekostet:  13’500 Franken für die Räumung der Zeltstadt auf dem besetzten Lindenhof und die Reinigung des Platzes sowie 59’000 Franken für den Polizeieinsatz zur Kontrolle der Räumungsaktion. Diese Kosten seien den Aktivisten nicht in Rechnung gestellt worden. Darüber empören sich nun einige. Zum Vergleich: An der alljährlichen Street Parade kostet allein die Entsorgung der Abfallberge ca. 100’000 Franken und die Organisatoren und ihre Sponsoren kommen nur für einen Teil dieser Kosten auf. Die Veranstalter fordern sogar noch die Unterstützung der Stadt Zürich, die ihnen einen Teil der Kosten von insgesamt rund 250’000 Franken erlassen soll, welche sie für Reinigung, Sanität und Polizei bezahlen. Darüber scheint sich kaum jemand zu empören. Wird hier mit unterschiedlichen Ellen gemessen?

Finanzkrise als Comic

Fünf Jahre Krise - Finanzkrise als ComicZEIT ONLINE hat die letzten fünf Jahre der anhaltenden globalen Finanz- und Wirtschaftskrise in einem satirischen Comic festgehalten. Dieses kann als PDF-Datei heruntergeladen werden.

Bitter böse aber dennoch gar nicht weit von der Realität. Alle, die es schon immer wussten, werden sich daran ergötzen. Viele, die in diesem Dunstkreis arbeiten, werden sich darüber ärgern. Jenen, von denen man erwarten würde, dass sie sich darüber ärgern, wird’s glatt am Arsche vorbei gehen. Ist der Ruf erst einmal ruiniert, lebt es sich völlig ungeniert.

Wenn die dunkle Vergangenheit doch bloss immer so humoristisch aufgearbeitet werden könnte! Bei allem Spassfaktor sollte man den Ernst der Lage dennoch nicht verharmlosen.

Revolutionen zwischen Scheitern und Erfolg

RevolutionRevolution ist ein in jüngster Zeit sehr häufig und von den Medien teilweise schon inflationär verwendeter Begriff. Der Prozess einer „plötzlichen“ gesellschaftlichen Umwälzung wird als etwas Besonderes dargestellt. Dabei ist Revolution im Sinne eines rasch vollzogenen Veränderungs- und Anpassungsprozesses doch nur ein gewöhnliches Element der Evolution. Wenn Altes überholt ist, muss es dem Neuen weichen.

Der Mensch ist grundsätzlich träge und ein Gewohnheitstier. Nur ganz wenige Psychopathen revoltieren aus Prinzip gegen alles. Die ganz grosse Mehrheit dagegen bewegt ihren Hintern erst, wenn sie sich dazu gezwungen sieht. Niemand zettelt eine Revolution aus dem Nichts an, ausser er verdient eine Menge Geld damit, was ja auch schon vorgekommen sein soll. Ein Schelm, wer dabei an Ereignisse in der jüngsten Vergangenheit denkt.

Die Lust auf Revolution

Finanzkrise, Wirtschaftskrise, Schuldenkrise, Rohstoffkrise, Nahrungskrise, Überschwemmungskatastrophen, Kernreaktorschmelze, Klimakatastrophe, … Der Planet Erde scheint arg in Schieflage zu sein. Dies ist jedenfalls das Bild, das uns in den Massenmedien Tag für Tag vermittelt wird. Und irgendwie macht sich bei uns schleichend eine Ohnmacht breit. Wir verspüren den Drang, die Dinge zu ändern. Doch haben wir als Individuum nicht die Mittel, das Weltgeschehen massgebend genug zu beeinflussen. Und auch im Kollektiv gelingt es uns nicht, uns auf eine Lösung zu einigen, geschweige denn, diese irgendwann einmal umzusetzen. Nicht einmal über die Ursachen der von uns wahrgenommenen Probleme herrscht Einigkeit. Der Konsens besteht lediglich in der Wahrnehmung, dass vieles im Argen liegt und zum Besseren gewendet werden müsste. In uns steigt die Lust auf Revolution und zugleich haben wir Angst davor – zumindest jene, die noch einiges zu verlieren haben. Dort, wo die Lebensverhältnisse wesentlich schlechter als hierzulande sind, haben viele Menschen praktisch nichts mehr zu verlieren und scheuen sich nicht, dies in teilweise sogar gewalttätigen Grossdemonstrationen öffentlich zu artikulieren und grundlegende Änderungen zu fordern.

Laufende Revolutionen

Die Geschwindigkeit, mit der die neuen Protestbewegungen global wachsen, ist schon fast beängstigend. In keinem Jahr sind so viele entstanden wie 2011. Die neuen Bewegungen organisieren sich, wie sich das in der modernen Informationsgesellschaft gehört, über das Internet. Allein im Zusammenhang mit der globalen Occupy-Bewegung sind bereits 601 Live Streams registriert (Stand 15.12.2011).


Wenn Politiker von Freiheit und Menschenrechten reden …

In vielen Ländern brodelt es bereits ganz gewaltig. In der Schweiz jammern wir im internationalen Vergleich mehrheitlich noch auf sehr hohem Niveau und jene, die bereits unter die Räder gekommen sind, fühlen sich machtlos, machen die Faust im Sack und versuchen, irgendwie trotzdem über die Runden zu kommen. Doch in den USA, in China, Griechenland, Syrien und einigen anderen Ländern mehr sind Ansätze einer Revolution deutlich sichtbarer, wenn sie nicht schon in vollem Gange ist. In Tunesien, Libyen und auch in Ägypten scheint die Revolution bereits geglückt zu sein. In Wahrheit handelte es sich hier jedoch jeweils um einen von der NATO, d.h. von den USA und ihren Verbündeten, initiierten, finanzierten und in Libyen sogar mit militärischer Unterstützung durchgeführten Putsch. Nicht Freiheit und Demokratie stehen im Vordergrund, sondern knallharte Macht- und Wirtschaftsinteressen sind hier die Treiber für das Engagement der Westmächte.

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Black Friday und Cyber Monday – Kaufrausch in den USA

Punkt Mitternacht von Donnerstag Thanksgiving auf den Freitag begann in den USA mit dem „Black Friday“ der Weihnachtsverkauf mit Schnäppchenangeboten. Über die meist übersichtlichen Schlangen vor den Aldis in Deutschland können die Amis nur schmunzeln und hier in der Schweiz sind sie noch kürzer bis meist inexistent. In den grossen Kaufhäusern in den USA dagegen geht die Post in für uns kaum vorstellbaren Dimension ab. Sobald die Türen öffnen, fluten Tausende Schnäppchenjäger die Geschäfte.


Sturm auf die Thousand Oaks Mall in California

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Inhaltsüberwachung verstösst gegen Grundrechte

Europäischer Gerichtshof - LogoDer Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden (PDF), dass Internetzugangs-Anbieter (Internet Service Provider, ISP) nicht nur nicht gezwungen werden dürfen, die übertragenen Daten ihrer Kunden ohne einen ausreichenden Verdacht und richterlichen Beschluss auf rechtswidrige Inhalte (vor allem im Hinblick auf Urheberrechtsverletzungen beim Austausch von Film- und Musik-Dateien) zu überprüfen, sondern bezeichnet eine solche verdachtslose Überwachung als Verstoss gegen die EU-Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr und als unvereinbar mit den Grundrechtecharta der EU. Die Inhaltsanalyse des Datenverkehrs mittels Deep Packet Inspection (DPI) verursacht Kosten beim ISP, schränkt dessen unternehmerische Freiheit ein und verstösst gegen die Netzneutralität. ISPs sollen nicht Polizei für die Unterhaltungsindustrie spielen müssen. Jedes anders lautende Urteil hätte zudem weitreichende Konsequenzen für die Menschenrechte und würde einen völlig unverhältnismässigen Eingriff in die Privatsphäre bedeuten. Besteht allerdings ein hinreichender Verdacht mit konkreten Anhaltspunkten zu einer Rechtsverletzung beziehungsweise einer Straftat, die einen solchen Eingriff rechtfertigen würde, ist eine Überwachung des Datenverkehrs der betroffenen Person mit einer gerichtlichen Anordnungen auf einer entsprechenden Rechtsgrundlage weiterhin möglich, wobei ein Zugangsanbieter im Rahmen seiner Möglichkeiten und des ihm Zumutbaren zur Mithilfe verpflichtet werden kann.

Die Unterhaltungsindustrie täte gut daran, ihre Ansprüche und vor allem ihr Geschäftsmodell zu überprüfen und an die Realität des Informationszeitalters anzupassen. Es ist nun einmal eine Tatsache, dass Daten in digitaler Form unabhängig von ihrem Inhalt beliebig verlustfrei und praktisch kostenlos kopiert werden können. Einen technischen Schutz, der die Nutzung dieser Daten gezielt steuern liesse gibt es nicht und kann es prinzipbedingt gar nicht geben, ohne die Privatsphäre der Nutzer vollständig abzuschaffen. Dies hat einen grossen Einfluss sowohl auf Immaterialgüter als auch auf den Datenschutz. Es wäre an der Zeit, dass diese Tatsachen endlich auch eine entsprechende Berücksichtigung in der Gesetzgebung finden würden. Diese hinkt der technologischen Entwicklung leider um Jahrzehnte hinterher.

Unser Geld- und Wirtschaftssystem hat einen Konstruktionsfehler – Teil 10

Die Tage unseres Geldsystems sind gezähltDies ist nun die letzte Folge in meiner Beitragsreihe zur Analyse unseres kranken Finanz- und Wirtschaftssystems und seinen grundlegenden Konstruktionsfehlern. Es ist nicht bloss ein einziger Fehler, sondern gerade der Cocktail von ein paar Designfehlern macht die Toxizität aus. Einzelne Details wurden auch mir erst beim Schreiben der Beiträge richtig bewusst. Unter anderem ist es diesen im Laufe der Zeit gewonnen Zusatzerkenntnissen zu verdanken, dass die Beitragsreihe viel länger ausgefallen ist, als ich anfangs geplant hatte. Ich hoffe, das hat trotzdem nicht zu viele von der Lektüre abgeschreckt. Schliesslich gab es zwischendurch ja auch einige illustrative Videos zur Auflockerung.

Für alle, die das Wesentliche nochmals in etwas kompakterer Form nachlesen möchten, habe ich in diesem letzten Beitrag eine Zusammenfassung mit Ergänzungen erstellt. Am Schluss dieses Beitrags findet sich dann noch ein Anforderungskatalog zu einem funktionsfähigen und gerechten Finanz- und Wirtschaftssystem.

Die Fehler im Grunddesign

Unser Geldsystem ist per Design ein exponentiell wachsendes Schneeballsystem, das keinen Gleichgewichtszustand kennt und daher auch nicht beliebig steuer- und beherrschbar ist. Geld entsteht über Kreditvergabe (d.h. Verschuldung), wobei die Zinsen für diesen Kredit aus der geschöpften Geldmenge (d.h. mit den Krediten) selber zu bezahlen sind. Wenn sich das Geld auf unserem Konto durch den Zinseszins ohne unser Zutun vermehrt, freuen wir uns darüber wie kleine Kinder. Wir blenden aber aus, dass gleichzeitig mit der Haben-Seite (Vermögen) in der Gesamtbilanz auch die Soll-Seite (Schulden) im gleichen Umfang wächst, damit die Bilanz aufgeht. Irgendjemand muss für das Vermögenswachstum arbeiten und irgendjemand muss sich für die Geldschöpfung verschulden (und Schuldzinsen bezahlen). Geld aber kann weder arbeiten, noch sich aus eigener Kraft vermehren. Geld soll in der arbeitsteiligen Wirtschaftsordnung dem Austausch von Leistungen dienen, kann aber nicht durch Leistung sondern nur über Verschuldung generiert werden.

Zusammenhang zwischen Geldmenge und Gesamtverschuldung
Zusammenhang zwischen Geldvermögen und Geldschulden

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Die EZB als „Bad Bank“ der EU

Wie in der Europäischen Union mit Hilfe der EZB aus Scheisse Gold gemacht wird, zeigte die Sendung plusminus bereits im Frühling letzten Jahres. Bezahlen darf das dann der Steuerzahler. Begriffen haben es die meisten Bürger bisher trotzdem (noch) nicht.


EZB als Bad Bank – Das Milliarden-Risiko für die EU-Bürger

Die Bankengesetze werden, vor allem wenn es schnell gehen muss, von speziellen Anwaltskanzleien geschrieben und den Parlamenten zur Verabschiedung vorgelegt. Da diese meist nur Bahnhof verstehen und sich keine Blösse geben wollen, winken sie es einfach durch, ohne sich bewusst zu sein, welche Konsequenzen dies haben wird. So ist auch das Zentralbankengesetz in den USA, der Federal Reserve Act im Jahre 1913 zustande gekommen, an deren Folgen heute die gesamte Weltwirtschaft immer noch leidet.

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Proteste in den USA und bald auch in Europa

Occupy Wall Street - Demonstranten im Zuccotti-Park
„Occupy Wall Street“ Demonstranten im Zuccotti-Park unweit der Wall Street

Die ursprüngliche Graswurzelbewegung „Occupy Wall Street“ weitet sich in den USA immer mehr zu einer grossen, landesweiten Protestbewegung aus. Man könnte schon von einer Volksbewegung oder gar einem Volksaufstand sprechen und manches erinnert an die 68-er Proteste oder die Anti-Vietnamkriegs-Demonstrationen. Doch es sind nicht nur Hippies, Aussteiger und Arbeitslose, die auf der Strasse ihrem Unmut über die Gier an der Wall Street Ausdruck verleihen. Verschiedene Gewerkschaften, Konsumenten- und Umweltschutzvereine, aber auch etliche unauffällige Bürger, Lehrer, Krankenschwestern, Studenten und viele mehr haben sich dem friedlichen Protest in allen grösseren Städten der USA angeschlossen.

Der berechtigte Protest gegen eine von Gier getriebene Zocker-Elite vereint Menschen mit den unterschiedlichsten Lebensentwürfen, die von Barack Obamas Wahlslogans „Hope“ und „Change“ enttäuscht sind und ihr Schicksal nun selber in die Hand nehmen wollen. Sie haben keine einheitlichen, gemeinsamen Ideen betreffend ihrer Ziele und Lösungen. Gemeinsam ist ihnen in erster Linie die Wut über die Gier der Wall-Street-Bankster und der Grosskonzerne und über die herrschenden sozialen Ungerechtigkeiten. Manch einem hierzulande  ist nämlich entgangen, dass in den USA grosse Teile der Bevölkerung unter grosser Armut leiden, von der Teilnahme am sozialen Leben ausgegrenzt werden und unter menschenunwürdigen Bedingungen leben müssen. Bereits ca. 46 der insgesamt 313 Millionen US-Amerikaner (2007 waren es „erst“ 27 Millionen) leben von Essensmarken („food stamps“). Die aktuelle Protestbewegung fällt daher auf äusserst fruchtbaren Boden und ihr Medium ist wie schon im „Arabischen Frühling“ des Internet, ohne das diese Bewegung kaum so spontan und in einer so kurzen Zeit hätte organisiert werden können. Es lebe die Informationsgesellschaft!


Champagner trinkende Wall-Street-Banker verhöhnen die Demonstranten

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Die EU-Schuldenunion

Euro-Rettungsschirm
Euro-Rettungsschirm

Die EU versucht mit allen Tricks, den Euro zu retten. Doch eigentlich geht es mehr um die Rettung von Spekulanten und des maroden und überschuldeten Bankensystems, das sich zu einem kurz vor dem Kollaps stehenden Schneeballsystem hochgeschaukelt hat. Gierige Finanzspekulanten haben zusätzlich ihren Beitrag dazu geleistet und die Entwicklung beschleunigt. Die Finanzkrise ist allgegenwärtig und aus den Nachrichtenschlagzeilen nicht mehr wegzudenken.

Jetzt wird die nächste Phase der globalen, ultimativen Kapitalumverteilung vorbereitet. Das laufende Projekt in Europa heisst „European Financial Stability Facility“ (EFSF, zu Deutsch „Europäische Finanzstabilisierungsfazilität“) und wird auch als „Euro-Rettungsschirm“ verkauft. Doch wer soll damit eigentlich gerettet werden? Der Euro ist es bestimmt nicht und auch nicht Griechenland. Die EFSF ist seit dem 4. August 2010 operativ, wird zur Zeit von 16 Personen „verwaltet“ und wird von allen drei grossen Rating-Agenturen Standard & Poor’s, Fitch Ratings und Moody’s mit der Bestnote AAA bewertet. Die einzige Aufgabe der EFSF ist es, auf Kosten der Steuerzahler Schulden zu machen und das Geld an jene zu verteilen, welche die Mitgliedstaaten in die Schuldenfalle getrieben haben. Völlig intransparent ist auch das Verhältnis der EFSF zur „EFSF Market Group“, die aus 46 internationalen Finanzinstituten besteht. Moment mal! Sind das nicht eben gerade jene Banken, die mit dem Rettungsschirm gerettet werden sollen?

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