Energieerhaltungssatz

Unser Geld- und Wirtschaftssystem hat einen Konstruktionsfehler – Teil 8

Jüdischer Geldverleiher, 16. JahrhundertDas Zinsverbot, das ursprünglich in allen drei Religionen Christentum, Judentum und Islam lange Zeit Gültigkeit hatte und mit ethischen Argumenten begründet wurde, lässt sich auch mathematisch und naturwissenschaftlich begründen. Deshalb wollen wir in diesem Beitrag die mathematischen Grundlagen des Zinsverbots etwas näher untersuchen und werden zur Erkenntnis gelangen, dass Ethik den Gesetzen der Mathematik und der Naturwissenschaften folgt. Nur ein System, das sich im Einklang mit den Gesetzen der Natur befindet und mathematisch korrekt ist beziehungsweise den Energieerhaltungssatz erfüllt und mindestens einen Gleichgewichtszustand kennt, kann auch ethisch sein. Dies ist eine unabdingbare, wenn auch vielleicht nicht immer hinreichende Voraussetzung. Manchen wird dies intuitiv logisch erscheinen. Anderen, die dies zum ersten Mal hören, wird dies im ersten Moment womöglich etwas esoterisch vorkommen. Doch in den Naturwissenschaften ist weder für Esoterik noch für Mystik Platz. Im schlimmsten Fall gibt es Unwissenheit oder mangelnde Erkenntnisfähigkeit wie auch im Zusammenhang mit unserem Geldsystem.

Mit dem Begriff der Ethik eng verbunden ist auch der Begriff der Schuld. Diese definiert sich aus Sicht der Ethik als ein Verstoss gegen die Normen der Ethik. Wer diese Normen verletzt, handelt unethisch und lädt dadurch Schuld auf sich. Zur Entschuldigung beziehungsweise Entschuldung bedarf es der Sühne, die der Schuldige zu leisten hat, um die Ordnung wiederherzustellen. Dies ist sowohl in allen Religionen als auch in jedem Rechtssystem so. Im Zusammenhang mit den Konstruktionsfehlern unseres Geldsystems stellt sich daher auch hier die Frage nach den Schuldigen für diesen Fehler. Wer hat dieses kranke System konstruiert und wer soll dafür Busse tun? So einfach diese Frage ist, so überraschend ist hingegen für manchen vielleicht die Antwort darauf.

Mathematische und naturwissenschaftliche Grundlagen der Finanzethik

Unser Geldsystem hat den grundlegenden Konstruktionsfehler, dass Geld durch Verschuldung entsteht und dafür aus der geschöpften Geldmenge G selber ein Zins Z gezahlt werden muss. Dies lässt sich mathematisch einfach beschreiben. Die Gleichung, welche den Soll-Zustand und somit den Geldbedarf zum Zeitpunkt der Zinsfälligkeit beschreibt, lautet G(t1) = G(t0) + Z(t1), wobei t0 = Zeitpunkt der Geldschöpfung und t1 = Zeitpunkt der Zinsfälligkeit sind. Die Gleichung, welche den Ist-Zustand und somit die nach der Zinszahlung verbleibende Geldmenge beschreibt, heisst hingegen G(t1) = G(t0) – Z(t1). Diese beiden Gleichungen bilden ein einfaches Gleichungssystem, das nur lösbar ist, wenn Z(t1) = 0 ist. Ist der Term Z(t1) ungleich Null, entsteht ein mathematischer Widerspruch. Mit diesem widersprüchlichen Gleichungssystem erschliesst sich einem die alte Buchhalterweisheit: „Hundert Mark haben und nicht haben sind zweihundert Mark“.

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Unser Geld- und Wirtschaftssystem hat einen Konstruktionsfehler – Teil 1

Die anhaltende Finanz- und Weltwirtschaftskrise hat mich veranlasst, mich eingehender mit dem Thema Geld zu befassen. Es ist schon erstaunlich, wie viel über die Symptome der „Geldkrankheit“ geschrieben und gesprochen wird, nicht aber über deren wirklichen Ursachen, die systemimmanent (d.h. im System selber begründet) sind. Bereits während meinen Studienjahren hatte ich das Gefühl, dass meine Wirtschaftsdozenten nicht wirklich verstanden haben, was sie uns Ingenieur-Studenten erzählten. Heute weiss ich, dass es so ist, und anscheinend sind Ökonomen die wohl miesesten Mathematiker und Systemarchitekten auf Gottes Erden – mit einigen ganz wenigen Ausnahmen, von denen die grosse Mehrheit jedoch keine Kenntnis nehmen will. Da soll mir doch solch ein Geldwirtschaftler noch einmal über schlecht funktionierende IT-Systeme fluchen, wenn er selber nicht einmal die wesentlich einfacheren Zusammenhänge des Geldsystems und seiner Auswirkungen versteht!

Auf meine langjährige Frage, wozu wir denn eigentlich ein ständiges Wirtschaftswachstum brauchen, bekam ich als Student und auch später nie eine nur annähernd befriedigende Antwort. In den letzten Monaten habe ich diese nun gefunden und versucht, in dieser Beitragsreihe verständlich zusammenzufassen: ökonomisch, mathematisch-naturwissenschaftlich, geschichtlich, philosophisch, ethisch, psychologisch und sozialpolitisch. Es geht mir dabei nicht darum, jemanden persönlich anzuschwärzen oder zu verurteilen. Vielmehr möchte ich zum allgemeinen Verständnis der Grundlagen, Zusammenhänge und Wirkungen unseres Geld- und Wirtschaftssystems beitragen und für eines der brennendsten und grundlegendsten Probleme unserer Zeit und ihre Ursachen sensibilisieren, denn ohne eine breite öffentliche Diskussion lässt sich das Problem nicht lösen. Aber Achtung: die Lektüre dieser Beitragsreihe kann das Weltbild des geneigten Lesers grundlegend und nachhaltig verändern!

Intuitiv wusste ich es eigentlich schon lange

Da war einerseits der Energieerhaltungssatz (Die Gesamtenergie in einem geschlossenen System ist konstant und ändert sich genau um den Betrag, der ihm an Energie zu- oder abgeführt wird) und andererseits das exponentielle Wirtschaftswachstum (Exponentialfunktion: f(t)=a·bc·t ) und ich brachte beides einfach nicht unter einen Hut. Kein System kann unendlich in den Himmel wachsen, ohne irgendwann einmal zu kollabieren. Der Turmbau zu Babel ist das älteste überlieferte, mir bekannte Beispiel eines derartigen, in den Himmel wachsenden Systems, das eingestürzt ist, auch wenn die Geschichte wohl eher als Metapher für die Überheblichkeit des Menschen Gott gegenüber zu verstehen ist. In Babel waren Arroganz und Grössenwahn die Wurzel allen Übels und wurden von Gott bestraft. Diese Bestrafung kann als Naturgesetz betrachtet werden und Naturgesetze lassen sich nicht austricksen sondern höchstens nutzen, sofern man sie versteht. Irgendwie klingt das ja auch logisch. Aber trotzdem halten wir unbeirrt an einem exponentiellen, unbegrenzten Wirtschaftswachstum fest. Wir fordern dieses sogar, denn angeblich soll Stillstand Rückschritt sein. Also darf es keine Wirtschaft geben, die nicht ständig wächst. Aber wohin und wozu ständig wachsen? Und welche Berechtigung hat die allgemein akzeptierte Forderung des Kapitalismus, dass jedes Kapital Zinsen abwerfen muss, um rentabel zu sein?

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