Verschuldung

Die unbegleichbaren Schulden

Leere TaschenIn meiner immer noch oft gelesenen Beitragsreihe „Unser Geld- und Wirtschaftssystem hat einen Konstruktionsfehler“ habe ich vor über einem Jahr dargelegt, wie Geld durch Verschuldung entsteht und wie der Zins für das durch Verschuldung geschöpfte Geld, der aus der geschöpften Geldmenge selber gezahlt werden muss, das Geld- und Wirtschaftssystem zum exponentiellen Wachstum zwingt. Das Geld für den Geld-Zins wird der Geldmenge immer wieder entzogenen und muss über eine zusätzliche Verschuldung geschöpft werden. Solange die Geldmenge nicht Null ist, unterliegt sie entsprechend der Zinseszinsfunktion einem exponentiellen Wachstumszwang. Sogar wenn der gesamte Zinsertrag wie zum Beispiel in der Schweiz zeitverzögert über Aufwendungen, Lohnzahlungen und die Gewinnausschüttung an die Aktionäre der Geldmenge wieder zugeführt wird, ist eine stetige Neuverschuldung zur Geldschöpfung für die grösstenteils früher fällig werdenden Zinszahlungen nötig. Genau so funktionieren Schneeballsysteme und unser Geldsystem ist ein solches. Mit dem Fiat Money System, bei dem die Banken für jeden als Sparguthaben angelegten Franken ein Mehrfaches an Buchgeld durch Kreditvergabe quasi aus dem Nichts schöpfen (dürfen), wird das exponentielle Wachstum einerseits befriedigt und andererseits zusätzlich erzwungen.

Was würde nun geschehen, wenn alle Gläubiger auf der ganzen Welt ihre Guthaben bei den Schuldnern von heute auf morgen zurückfordern würden? Erstens gäbe es dafür gar nicht genügend Notengeld und zweitens müsste der grösste Teil der Kredit-Sicherheiten verwertet werden, weil nur ganz wenige die erforderliche Liquidität besässen. Dann würde der ganze Schwindel auffliegen, denn es wäre gar nicht möglich, alle Schulden für die Geldschöpfung zu begleichen. Der globale Bürgerkrieg wäre vorprogrammiert. Ein System, das in Anwendung seiner eigenen Spielregeln kollabiert, ist nicht lebensfähig und gehört entsorgt. Doch das alles will ja gar niemand hören …

Unser Geld- und Wirtschaftssystem hat einen Konstruktionsfehler – Teil 1

Die anhaltende Finanz- und Weltwirtschaftskrise hat mich veranlasst, mich eingehender mit dem Thema Geld zu befassen. Es ist schon erstaunlich, wie viel über die Symptome der „Geldkrankheit“ geschrieben und gesprochen wird, nicht aber über deren wirklichen Ursachen, die systemimmanent (d.h. im System selber begründet) sind. Bereits während meinen Studienjahren hatte ich das Gefühl, dass meine Wirtschaftsdozenten nicht wirklich verstanden haben, was sie uns Ingenieur-Studenten erzählten. Heute weiss ich, dass es so ist, und anscheinend sind Ökonomen die wohl miesesten Mathematiker und Systemarchitekten auf Gottes Erden – mit einigen ganz wenigen Ausnahmen, von denen die grosse Mehrheit jedoch keine Kenntnis nehmen will. Da soll mir doch solch ein Geldwirtschaftler noch einmal über schlecht funktionierende IT-Systeme fluchen, wenn er selber nicht einmal die wesentlich einfacheren Zusammenhänge des Geldsystems und seiner Auswirkungen versteht!

Auf meine langjährige Frage, wozu wir denn eigentlich ein ständiges Wirtschaftswachstum brauchen, bekam ich als Student und auch später nie eine nur annähernd befriedigende Antwort. In den letzten Monaten habe ich diese nun gefunden und versucht, in dieser Beitragsreihe verständlich zusammenzufassen: ökonomisch, mathematisch-naturwissenschaftlich, geschichtlich, philosophisch, ethisch, psychologisch und sozialpolitisch. Es geht mir dabei nicht darum, jemanden persönlich anzuschwärzen oder zu verurteilen. Vielmehr möchte ich zum allgemeinen Verständnis der Grundlagen, Zusammenhänge und Wirkungen unseres Geld- und Wirtschaftssystems beitragen und für eines der brennendsten und grundlegendsten Probleme unserer Zeit und ihre Ursachen sensibilisieren, denn ohne eine breite öffentliche Diskussion lässt sich das Problem nicht lösen. Aber Achtung: die Lektüre dieser Beitragsreihe kann das Weltbild des geneigten Lesers grundlegend und nachhaltig verändern!

Intuitiv wusste ich es eigentlich schon lange

Da war einerseits der Energieerhaltungssatz (Die Gesamtenergie in einem geschlossenen System ist konstant und ändert sich genau um den Betrag, der ihm an Energie zu- oder abgeführt wird) und andererseits das exponentielle Wirtschaftswachstum (Exponentialfunktion: f(t)=a·bc·t ) und ich brachte beides einfach nicht unter einen Hut. Kein System kann unendlich in den Himmel wachsen, ohne irgendwann einmal zu kollabieren. Der Turmbau zu Babel ist das älteste überlieferte, mir bekannte Beispiel eines derartigen, in den Himmel wachsenden Systems, das eingestürzt ist, auch wenn die Geschichte wohl eher als Metapher für die Überheblichkeit des Menschen Gott gegenüber zu verstehen ist. In Babel waren Arroganz und Grössenwahn die Wurzel allen Übels und wurden von Gott bestraft. Diese Bestrafung kann als Naturgesetz betrachtet werden und Naturgesetze lassen sich nicht austricksen sondern höchstens nutzen, sofern man sie versteht. Irgendwie klingt das ja auch logisch. Aber trotzdem halten wir unbeirrt an einem exponentiellen, unbegrenzten Wirtschaftswachstum fest. Wir fordern dieses sogar, denn angeblich soll Stillstand Rückschritt sein. Also darf es keine Wirtschaft geben, die nicht ständig wächst. Aber wohin und wozu ständig wachsen? Und welche Berechtigung hat die allgemein akzeptierte Forderung des Kapitalismus, dass jedes Kapital Zinsen abwerfen muss, um rentabel zu sein?

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