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Pulverfass Naher Osten

Iran, Syrien, Ägypten und Israel bestimmen die Meldungen in unseren Massenmedien im Bezug auf den Nahen Osten. Vom Irak hört man immer weniger und von Saudi Arabien praktisch gar nichts. Die Berichterstattung erscheint mir äusserst unausgewogen und zu einem grossen Teil sogar gezielt manipuliert. Das Einzige, das wirklich stimmt ist, dass das ganze Gebiet ein politisches Pulverfass ist. Doch werden die Hintergründe und Kausalzusammenhänge völlig verdreht dargestellt. Deshalb will ich mal eine erste Richtigstellung wagen.

Der Iran [1] wird systematisch in die Enge getrieben, boykottiert und isoliert, weil er angeblich Atomwaffen entwickelt. Dabei hat der Iran gar kein Interesse an Atomwaffen, kann ein solches gar nicht haben, denn diese würden dem Iran keinerlei Vorteile bringen. Ein militärischer Angriff auf eines der umliegenden Staaten wäre auch mit Atomwaffen kaum zu gewinnen und für die Landesverteidigung reichen die konventionellen Waffen zudem völlig aus. Jedoch möchte der Iran seine Unabhängigkeit im Nahen Osten bewahren. Was hierzulande immer wieder vergessen wird ist, dass die Iraner keine Araber sondern Perser sind. Und darauf sind sie stolz wie Araber stolz darauf sind, Araber zu sein, und Israeli stolz sind, Israeli zu sein. Russen, Amerikaner und Chinesen sind schliesslich ebenso stolz auf ihre Nationalität. Was der Iran wirklich will, ist die eigene Energieversorgung langfristig zu sichern, d.h. auch Generationen nach dem Versiegen des Erdöls, und die weitgehende Unabhängigkeit von der internationalen Finanzmafia bewahren. Dieses Anliegen sollte man aus einem schweizerischen, demokratischen Verständnis heraus eigentlich als legitim erachten.

Zugegeben, das iranische Rechts- und Politsystem entspricht nicht ganz unseren Vorstellungen, was aber natürlich auch umgekehrt gilt. Trotzdem ist es das „Fortschrittlichste“ und „Westlichste“ im ganzen Nahen Osten (Israel miteingeschlossen) ganz im Gegensatz zu jenem in Saudi Arabien. Dort herrscht die Diktatur des Königshauses Saud. Menschenrechte wie Religions- und Meinungsfreiheit und Demokratie sind dort (ganz im Gegensatz zum Iran) Fremdwörter, deren Gebrauch allein schon lebensgefährlich sein kann. Sogar in Syrien genossen vor dem Bürgerkrieg nicht der Staatsnorm entsprechende Gruppierungen mehr Rechte und Freiheiten als es solche in Saudi Arabien tun, und der allgemeine Lebensstil in Syrien war durchaus mit dem in Israel oder der Türkei vergleichbar. Wieso ist Syrien plötzlich so unter Beschuss geraten? Warum bleiben die Saudis in unseren Medien vor jeglicher Kritik verschont? Das ist schon sehr eigenartig und denkwürdig!

Die aufständische „Freie Syrische Armee“ wird von Saudi Arabien, Katar, Israel und den USA mit Geld und Waffen unterstützt. Die logistische und ideologische Unterstützung kommt von den US-Geheimdiensten sowie dem israelischen Geheimdienst Mossad mit tatkräftiger Beihilfe der Türkei. Wahrscheinlich ist dies unter anderem auch als Antwort auf die Unterstützung der Palästinenser in den von Israel besetzten Gebieten und der Araber im benachbarten Libanon durch Syrien zu werten. Nur mediengläubige Naivlinge glauben noch ernsthaft, dass es sich hier um eine Revolution für Freiheit und Demokratie handelt. Bedenken sollte man auch die geostrategische Bedeutung Syriens mit Zugang zum Mittelmeer und der Grenze zu Israel und zum Irak. Zudem sind die Wunden aus dem Sechs-Tage- sowie dem Jom-Kippur-Krieg Syriens gegen Israel immer noch nicht verheilt. Doch warum sollten Länder wie Israel, Saudi Arabien, Katar und die USA gemeinsam islamische oder präziser gesagt sunnitische Terroristen in Syrien im Kampf gegen die eigene, von Alawiten dominierte Regierung unterstützen? Auf diese Frage sollten uns unsere Medien eine Antwort liefern, anstatt uns mit den Lügengeschichten der Bürgerkriegshetzer voll zu labern.

Erwartungsgemäss sehen die anderen beiden Grossmächte China und Russland das Treiben der USA und ihrer „Verbündeten“ in Vorderasien mit Argwohn. Die Stationierung von US-Militärbasen mit Langstreckenraketen in Israel, in der Türkei, in Pakistan und auf der arabischen Halbinsel ist für sie schon eine inakzeptable Provokation und Bedrohung. Aber mindestens so schwerwiegend ist für sie die Erschwerung des Zugangs zu den verschiedenen Bodenschätzen in der Region, auf die sie ebenso angewiesen sind wie die USA. Deshalb hat eine Resolution in der UNO keine Aussicht auf Erfolg und China und Russland werden einer weiteren Invasion der USA in Vorderasien niemals tatenlos zusehen. China und Russland bereiten daher schon „Marineübungen“ im Mittelmeer vor der Küste Syriens vor, was natürlich von den Amis ihrerseits als Provokation betrachtet wird. Die Lage ist so angespannt wie schon lange nicht mehr und den Medien wird der Stoff für „Nachrichten“ jedenfalls bestimmt nicht so schnell ausgehen. Vorderasien ist ein grosses Schachbrett mit mehreren Schachspielern. Wer macht welchen nächsten Zug?