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Die Finanz-Stasi kommt

Financial Action Task Force (FATF) Logo
Bei anonymen elektronischen Zahlungssystemen (z.B. Prepaidkarten wie Paysafecard [1]), welche die anonyme Bezahlung von Waren und Dienstleistungen (wie mit Bargeld) ermöglichen, soll in Deutschland die Überprüfung des Einzahlers zur Pflicht werden, weil solches E-Geld auch für die Geldwäsche missbraucht werden kann. Eine Mindestgrenze soll es dabei nicht geben. Und auch Bareinzahlungen ab 1‘000 Euro sollen künftig der Geldwäschereiprüfungspflicht unterliegen. Zudem sollen noch mehr Finanztransaktionen von „politisch exponierten Personen“ (PEPs) und sowohl ihren unmittelbaren Familienmitgliedern als auch ihnen nahe stehenden Personen der Meldepflicht (beim Bundeskriminalamt – Zentralstelle für Verdachtsmeldungen) unterliegen.

Wenn es wie im „Gesetzentwurf zur Optimierung der Geldwäscheprävention [2]“ beschrieben nach dem Willen der deutschen Bundesregierung geht, soll also künftig ein riesiger Stasi-Apparat zur Überwachung praktisch aller Geldflüsse aufgebaut werden. Und natürlich soll damit auch der internationale Terrorismus bekämpft werden, auch wenn dadurch die Grundrechte jedes Bürgers immer mehr eingeschränkt werden. Wieder einmal mehr soll ein grosses Stück Privatsphäre für eine fiktive Sicherheit geopfert werden.

Wer macht die Gesetze?

Eigentlich stammt dieser „Wille“ der Bundesregierung von der „Financial Action Task Force on Money Laundering [3]“ (FATF),  die 1989 von den G-7 Staaten zur Geldwäschereibekämpfung ins Leben gerufen wurde, wie auch aus dem Kapitel „Problem und Ziele“ in besagtem Gesetzesentwurf hervorgeht:

„Die gesetzlichen Grundlagen gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in Deutschland werden maßgeblich von Standards im internationalen Kontext bestimmt. Neben den Richtlinien des Rates und des Europäischen Parlaments sind dies als Motor der internationalen Geldwäschebekämpfung die Empfehlungen der Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF). Die FATF ist ein zwischenstaatliches Gremium, das mit eigenem Budget und Personal bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in Paris angesiedelt ist. Deutschland ist als eines der Gründungsmitglieder der FATF aktiv an der Erarbeitung und Weiterentwicklung der international anerkannten Standards zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (der so genannten 40+9-FATF-Empfehlungen) beteiligt und hat sich stets zur nationalen Umsetzung der FATF-Empfehlungen bekannt. Die 36 Mitgliedsländer der FATF haben sich verpflichtet, diese Standards in nationales Recht umzusetzen und deren Umsetzung in regelmäßigen Abständen von der FATF überprüfen zu lassen.“

Da beschliesst ein Gremium von OECD-Bürokraten im stillen Kämmerchen, welche Gesetze in 36 Staaten (zu denen übrigens auch die Schweiz gehört) eingeführt werden müssen. Demokratie ist hier ein Fremdwort.

Von „Defiziten im deutschen Rechtssystem bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung“ und von „die „Sauberkeit“ des Wirtschaftsstandorts Deutschland sicherstellen“ ist im Gesetzesentwurf die Rede und davon, dass es keine Alternativen gäbe, um die gesetzten Ziele (wessen eigentlich?) zu erreichen. Solche Politphrasen sind uns schon längst vertraut und wirken nicht unbedingt vertrauensbildend. Etwas widersprüchlich erscheint mir zudem die Aussage: „Mit Blick auf das Ziel, die Bürokratiebelastung aus gesetzlich veranlassten Informationspflichten zu reduzieren, leistet der vorliegende Gesetzentwurf einen wichtigen Beitrag“, wenn es zwei Sätze weiter heisst: „Im Rahmen der ex ante Schätzung ist mit dem vorliegenden Entwurf eine Nettobelastung in Höhe von rund 885’000 Euro zu erwarten“ – wohlgemerkt, allein für die Wirtschaft! Hinzu kommen die Bürokratiekosten für die Verwaltung und die Bürokratiebelastungen für die Bürgerinnen und Bürger. Ob diese 885’000 Euro einmalig oder jährlich wiederkehrend anfallen, wird bewusst im Unklaren gelassen. Es dürfte sich um jährlich wiederkehrende Kosten handeln (womit der Initialaufwand zur Erweiterung der Finanz-Stasi noch gar nicht eingerechnet ist), wobei dieser Betrag um zwei Nullen zu klein „berechnet“ wurde.

In der Schweiz ist man noch nicht ganz so weit, auch wenn auch bei uns Gesetze zur Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung praktisch am Volkssouverän vorbei eingeführt werden, ohne dass dies in den Massenmedien erwähnt würde. Doch hat man in Helvetien bei der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA zum Glück noch eine etwas moderatere Interpretation der FATF [4] und ihren „Empfehlungen“:

„Die FATF hat 49 Empfehlungen veröffentlicht. Obwohl diese Empfehlungen kein unmittelbar bindendes Recht («soft law») darstellen, werden sie auf internationaler Ebene als verbindlich anerkannt. Sie definieren die Massnahmen, die ein Land ergreifen muss, um Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung wirksam zu bekämpfen. Die Weltbank, der IWF und der Sicherheitsrat der UNO haben sie offiziell als internationale Standards anerkannt, und rund 150 Länder weltweit haben sich verpflichtet, sich daran zu halten. Es handelt sich um 40 Empfehlungen [5] zur Bekämpfung der Geldwäscherei, die im Juni 2003 grundlegend überarbeitet wurden, sowie 9 spezielle Empfehlungen [6] zur Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung, die nach den Anschlägen vom 11. September 2001 verabschiedet wurden. Die Schweizer Standards zur Sorgfaltspflicht von Banken und anderen Finanzintermediären entsprechen den Anforderungen der FATF.“

Trotzdem geht aus diesen Worten klar hervor, dass die Schweiz in ihrer Gesetzgebung und Rechtsprechung immer mehr dem Druck einer internationalen Finanz-Stasi ausgesetzt ist und das Schweizer Volk (wie andere Nationen schon seit längerem) immer mehr an Einfluss auf seine eigenen Gesetze verliert. Das zeigt sich nicht zuletzt an den Informationen zu solchen Themen, die nicht einmal mehr in den einzelnen Landessprachen sondern lediglich in Englisch publiziert werden, wie der Bericht [7] des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO zur internationalen Konferenz der Finanzermittlungsbehörden (Financial Intelligence Units) im Februar 2011 in Baku (Aserbaidschan) zeigt. Offenbar soll der Bürger möglichst wenig verstehen, was auf der internationalen Ebene vorbereitet wird.

Nur ein weiteres Puzzle-Stück

Irgendwie erinnert dieser Gesetzesentwurf der Deutschen stark an die Vorratsdatenspeicherung [8], bei der sämtliche Kommunikationsdaten von den Anbietern ohne jeglichen Verdacht und ohne einen nach Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismässigkeit erfolgten Gerichtsbeschluss gespeichert und für allfällige Ermittlungen den zuständigen Behörden über mehrere Monate zur Verfügung gehalten werden müssen. Dass im Finanzbereich dafür ein anderer Begriff verwendet wird, scheint mir weder logisch und noch konsequent zu sein. Dabei handelt es sich doch um die verdachtsunabhängige Speicherung von Finanztransaktionsdaten auf Vorrat.

Früher haben wir die Stasi der DDR als ein verabscheuenswürdiges Instrument einer totalitären Diktatur einer selbsternannten Volkselite verurteilt. Heute hingegen bauen wir unsere eigene Stasi, welche die alte DDR-Stasi um Längen in den Schatten stellt und sie wie pickelige Pfadfinder aussehen lässt. Wie lange wollen oder müssen wir uns dies noch gefallen lassen? Eine totalitäre Weltdiktatur mag man vielerorts als realitätsfremde „Verschwörungstheorie [9]“ abtun. Doch wenn man die internationale Finanz-Stasi etwas genauer unter die Lupe nimmt, ist es eigentlich genau das, was hier scheinbar unaufhaltsam in Entstehung ist: eine internationale Finanzdiktatur. Gerüchte über die gänzliche Abschaffung von Bargeld und die Einführung eines vollelektronischen Zahlungssystems, bei dem sich jede Transaktion noch lange nachher eruieren und den involvierten Parteien zuordnen lässt (wie das uns schon länger in US-Krimiserien indoktriniert wird) sind immer schwerer von der Hand zu weisen.

Daneben darf man nicht vergessen, dass in Europa bereits auch alle Flugpassagierdaten [10] 13 Jahre lang aufbewahrt und ebenso wie alle Transaktionen im elektronischen Zahlungsverkehr den US-Geheimdiensten zugänglich gemacht werden. Alles im Namen der „internationalen Terrorbekämpfung“. Dabei betreiben gerade die USA mit ihren Verbündeten selber den grössten internationalen Terrorismus und erfüllen alle Kriterien von Ex-Präsident George W. Bush, um selber zur „Achse des Bösen“ gezählt zu werden. Sollten wir da nicht besser in erster Linie die Finanztransaktionen der US-Regierung und -Behörden sowie des US-Militärs unter die Lupe nehmen und die Reisen von US-Agenten auswerten, um Klarheit über die Finanzierung des internationalen Terrorismus zu erhalten?

Die Welt im Informationskrieg

Die Informationsgesellschaft zeichnet sich auch dadurch aus, dass mit Informationen Krieg geführt wird. Je mehr Informationen über jemanden vorhanden sind, desto besser kann dieser wiederum mit gezielten „Informationen“ bedient und damit manipuliert werden. Das alte Sprichwort „Wissen ist Macht“ gewinnt in der aktuellen Zeit immer mehr an Bedeutung. Manchmal wünsche ich mir, dass Computer und elektronische Kommunikationsnetzwerke nie erfunden worden wären.