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Alternative zu Kapitalismus und Kommunismus

Nachdem der Kommunismus/Sozialismus seine Untauglichkeit bewiesen hat, hat sich auch der Kapitalismus als fataler Irrtum herausgestellt. Das Scheitern der beiden grossen Ideologien hat die Welt in eine ökonomische Identitätskrise gestürzt. In unserer Paradigma-Parlalyse sehen wir den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr. Nur eine sachliche Auseinandersetzung auf der Suche nach einer neuen Lösung und der Wille zum (Werte-) Wandel können uns helfen, die Krise nachhaltig zu überwinden.

Ideologische Systeme haben versagt

Sowohl der Kommunismus als auch der Faschismus stellen totalitäre Systeme dar, die einer Plan- und Befehlswirtschaft gehorchen und somit keine brauchbaren Regelkreise kennen. Ihr Scheitern war dadurch schon vorprogrammiert. Der Marxismus spielte Kapital und Arbeit gegeneinander aus und verkannte dabei, dass es für eine gesunde Wirtschaft beides braucht. Im Kommunismus wird Kapital höchstens als notwendiges Übel und auch dann nur im Gemeinbesitz geduldet. Sollten aber Kapital und Arbeit nicht besser gleichberechtigte Partner sein?

Im deregulierten, neoliberalen Kapitalismus hingegen erfolgt eine Übergewichtung des Kapitals, das sowohl Zweck als zugleich auch Mittel ist. Das Kapital dient als Basis für die Arbeit, welche lediglich dazu dient, noch mehr Kapital und dadurch (vermeintlichen) Wohlstand zu schaffen. In dieser Hinsicht muss man die Kritik von Marx gelten lassen. Jedes Kapital muss Profit generieren. So kann es durch Thesaurierung der Gewinne ins Unendliche wachsen und übt über den Zinseszins Druck auf die Arbeit aus, noch mehr Kapital zu schaffen. Darauf gründet die Forderung des Kapitalismus nach ständigem Wirtschaftswachstum, wobei Kollateralschäden in der Gesellschaft und an der Umwelt in Kauf genommen werden. Durch die Professionalisierung von vormals unentgeltlich geleisteter, zum Besipiel sozialer Arbeit wird jede Tätigkeit monetarisiert. Das beste Beispiel dafür ist die Kranken- und Altenpflege. Diese neu monetarisierte Arbeit wird als Wirtschaftswachstum ausgewiesen. Aber auch eine Zunahme der Umverteilung von Kapital beziehungsweise Geld betrachten wir als Wirtschaftswachstum, obwohl dadurch keinerlei Mehrwert generiert wird. Das beste Beispiel dafür ist der Handel mit Derivaten. So betrügt sich der Kapitalismus selbst und irgendwann muss schliesslich jeder Betrug auffliegen.

Nach dem Scheitern und Zerfall der kommunistischen und faschistischen Systeme glaubten wir, dass nur noch der Kapitalismus in der Lage ist, Wohlstand zu schaffen. Doch nun steckt auch dieser Kapitalismus in einer seiner schwersten Krisen, weil angeblich zu viele seiner Protagonisten von der Gier befallen wurden und den Markt manipuliert haben. Wie bringen wir das Schiff wieder auf Kurs? Warum hat das System versagt? Täglich werden die Verlierer in den Medien publiziert. Doch wenn es Verlierer gibt, muss es doch irgendwo auch Gewinner geben. Wer sind diese? Welche sind die richtigen Fragen, die gestellt werden müssen, um die Fehler zu verstehen und ein besseres System zu schaffen? Nach der Lektüre unzähliger Bücher und Artikel sowie nach vielen Gesprächen mit Freunden und Kollegen schliesse ich, dass es eigentliche gar keine exakte Definition des Kapitalismus gibt. Entsprechend wird viel aneinander vorbei geredet. Manche reden deshalb lieber von einer freien Marktwirtschaft. Doch wodurch definiert sich deren Freiheit? Welche Regeln braucht diese Freiheit für eine funktionsfähige Wirtschaft?

Systeme, Wachstum und Gleichgewicht

Die Wirtschaft lässt sich als ein System betrachten, ebenso wie die Medizin den Menschen als ein System betrachtet – wenn auch als ein sehr komplexes. Das System Mensch wächst nach Befruchtung der Eizelle, bis es an seine Wachstumsgrenze stösst, weil jedes natürliche Wachstum auf diesem Planeten endlich ist. Danach benötigt dieses System zum Leben täglich ca. 2’500 Kilokalorien, die sich aus einer ausgewogenen Mischung von mit Mineralien und Vitaminen angereicherten Fetten, Kohlenhydraten und Eiweissen zusammensetzen soll, ca. zwei Liter Wasser und ausreichend Sauerstoff. Der Mensch muss nicht weiter wachsen, um zu funktionieren oder glücklich zu sein. Der Kapitalismus hingegen lebt vom ständigen Wirtschaftswachstum. Gerät dieses Wachstum ins Stocken, geht es dem Kapitalismus schlecht.

Der Mensch wird ab einem gewissen Zeitpunkt durch noch mehr Besitz und Nahrung weder glücklicher noch satter. Doch wozu brauchen wir dann Wirtschaftswachstum, wenn dessen Grenznutzen für den Menschen bei Null angelangt ist? Diese Frage scheint auf den ersten Blick rhetorisch zu sein, denn niemand wird mir widersprechen, wenn ich behaupte, eine entwickelte, stabile und gesunde Wirtschaft braucht kein Wachstum mehr, solange die Population konstant bleibt. Sie braucht wie der Mensch nur die tägliche Ration an Betriebsstoffen. Sie wäre dann im Gleichgewicht.

Im Kapitalismus gibt es aber kein solches Gleichgewicht sondern nur Wirtschaftswachstum. Ökonomen, die behaupten, auch ein konstantes Wachstum sei eine Art von Gleichgewicht, haben wohl im Physikunterricht gefehlt. Ein System, dass sich durch sein eigenes Wachstum nährt, ist pathologisch. Wir nennen es auch Schneeballsystem. Und in der Tat, unser Wirtschaftssystem ist ein solches Schneeballsystem, weil es ein Schuldensystem ist, in dem die Kreditzinsen (für das „arbeitende Kapital“) sowie der Kredit selber aus immer wieder neuen Krediten finanziert werden müssen. So bleibt dem System nichts anderes übrig, als ständig zu wachsen. Ohne Wachstum funktioniert das System nicht, denn dann ist der Kapitalismus tot. Da aber auch der Kapitalismus die Gesetze der Natur nicht ausser Kraft setzen kann, hat auch sein Wirtschaftswachstum irgendwann ein Ende. Dann kanibalisiert sich der Kapitalismus selbst und es kommt zur grossen Krise und zum Crash. Wir befinden uns inmitten dieses Prozesses. Hier zeigen sich die Selbstheilungskräft der Natur. Die näheren Einzelheiten dazu habe ich bereits in der Beitragsserie „Unser Geld- und Wirtschaftssystem hat einen Konstruktionsfehler [1]“ hoffentlich verständlich beschrieben.

Reform durch Vernunft

Wir brauchen eine Wirtschaftsform, die ohne ständiges Wachstum auskommt und sich idealwerseise selber reguliert. Als einzige Alternative zu Kapitalismus und Kommunismus wird von einigen die nur wenig bekannte Freiwirtschaftslehre von Silvio Gesell gesehen. Doch auch diese hat ihre Denk- und Konstruktionsfehler, wie Rahim Taghizadegan vom Institut für Wertewirtschaft in seiner „Kritik an der Freiwirtschaft nach Silvio Gesell [2]“ anschaulich beschreibt, obschon ich seine Kritik nicht in allen Punkten teile. Aber in einem Punkt hatte Gesell sicher Recht: eine taugliche Wirtschaftsform muss sich an den Gesetzen der Natur orientieren und mit ihr in Einklang stehen. Leider sehen darin einige Esoteriker eine Legitimation, ihre schamanistischen Ideologien einzubringen, und bringen die Arbeit anderer in den übereinstimmenden Punkten in Misskredit. In einer sachlichen Auseinandersetzung mit der Materie ist aber kein Platz für Ideologien, sehr wohl aber für die Ehtik, die sich letzten Endes auch nur im Einklang mit den Naturgesetzen befinden kann.