Durch das Abkommen der Schweiz mit der EU über Schengen und Dublin brauchen Touristen aus Ländern wie China seit dem 12. Dezember 2008 für eine Tour durch Europa nur noch ein Visum. Ein Feriengast muss dazu angeben, welche Länder er bereisen will, wo er wohnen wird und welche Ausflüge er plant. All diese Daten werden in der zentralen Datenbank des Visa-Informationssystems der Schweiz (VIS) gespeichert und stehen auch allen anderen Schengen-Staaten für die Polizeiarbeit zur Verfügung, denn die zentralen Daten des VIS sind mit den Zentralen jedes einzelnen Schengenstaates verbunden.
Seit dem 11.9.2001 ist die Angst vor Terroranschlägen auch in Europa gross – zumindest bei gewissen paranoiden Politikern. Deshalb muss jeder, der von ausserhalb in den Schengenraum einreist, erfasst und auf seiner Tour durch Europa überwacht werden. Umgekehrt werden auch die elektronischen Daten des biometrischen Reisepasses jedes ins Ausland reisenden Bürgers aus dem Schengenraum im Einreiseland ausgelesen, gespeichert und können anschliessend für praktisch beliebige Zwecke verwendet werden. Grundsätzlich muss die Schweiz dem betreffenden Land ein gültiges elektronisches Zertifikat erteilen, um die verschlüsselten Daten auszulesen, und dies tut sie zumindest theoretisch nur, wenn das Datenschutzniveau dem in der Schweiz gleichwertig ist.
Dass das Auslesen der Daten jedoch auch ohne ein solches Zertifikat funktioniert, haben Hacker und Kryptowissenschaftler bereits mehrfach bewiesen. Damit wird das schweizer Datenschutzgesetz unterlaufen, denn die betroffene Person verliert dadurch die Herrschaft über ihre nach schweizer Gesetz besonders schützenswerten und sensiblen Daten. Das Auskunfts- und Datenberichtigungs- bzw. -vernichtungsrecht richtet sich nach dem Landesrecht des jeweiligen Einreisestaates. Nur, welcher Reisende ist schon mit dem Recht des Einreiselandes genügend vertraut, um seine Rechte wahrnehmen und durchsetzen zu können?
Ist das die Reisefreiheit, die uns mit dem neuen biometrischen Reisepass versprochen wurde? Seit 9/11 wurde die Reisefreiheit weltweit systematisch eingeschränkt und an immer strengere Auflagen gebunden. De facto haben wir damit den alten eisernen Vorhang wieder zum Leben erweckt, wie ich schon letzten Sommer auf meiner Urlaubsreise erfahren durfte. Alle sprechen von der Globalisierung der Wirtschaft und dem Abbau von Handelshemmnissen. Doch während bei den Gütern eine Liberalisierung stattfindet, wird gleichzeit der freie Personenverkehr zunehmend reguliert und an eine immer stärkere Überwachung gebunden. Die Welt erfährt durch die Errichtung eines neuen eisernen Vorhangs rund um die USA und an den Schengenaussengrenzen eine immer stärkere Segmentierung. Der Verständigung der Völker wird dies kaum zuträglich sein.