Die Berichterstattung der Medien im Zusammenhang mit der Abstimmung vom 17. Mai 2009 über die Einführung von biometrischen Reisepässen ist mehr als nur zweifelhaft. Es wird immer offensichtlicher, dass die öffentliche Meinung über die veröffentlichte Meinung durch die Medien im Auftrag des Bundes manipuliert wird. Allen voran macht sich unsere Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf stark für den biometrischen Pass, wobei sie sich nicht schämt, das Stimmvolk mit gezielten Lügen zu desinformieren. Auffallend ist, dass in den Medien nur Politiker zu Wort kommen, aber niemand, der etwas von der RFID-Technologie in den Pässen versteht und Erfahrung mit der Verarbeitung von sensiblen Daten hat. Das Ganze hat System, hat aber nichts mit seriöser Berichterstattung zu tun.
Die Medien abstrahieren den Abstimmungskampf auf „Datenschutz gegen Reisefreiheit„. Diese vereinfachte Sicht greift aber viel zu kurz. Den Gegnern der Vorlage wird in den Medien Angstmacherei vorgeworfen im Zusammenhang mit der Kritik an der zentralen Speicherung aller Fingerabdrücke in einer Datenbank des Bundes und deren Missbrauchspotential. Die sachlichen Argumente gegen die Einführung einer digitalen Hundemarke für Menschen und gegen die verdachtsunabhängige Speicherung der Fingerabdrücke aller Passinhaber in einer zentralen Datenbank werden einfach unter den Tisch gekehrt. Dass die in den Pässen eingesetzte RFID-Technologie bereits veraltet und völlig unsicher ist und die Speicherung von biometrischen Daten in RFID-Chips Datenmissbrauch und Identitätsdiebstahl begünstigt, davon ist in den Medien nie die Rede. Im Gegenzug wird den Befürwortern zugestanden, mit den „Argumenten“ zu werben, dass die Nicht-Einführung des biometrischen Passes negative Konsequenzen für die Schweizer Wirtschaft und den Tourismus sowie den Verlust der Reisfreiheit zu Folge hätte. Dies wird in den Medien nicht als Angstmacherei gewertet. Auch der „Politikwissenschaftler“ Claude Longchamp stiess in der Tagesschau vom 08.04.2009 mit gewohnter Inkompetenz in dieses Horn:
Den Vogel abgeschossen hat dann S. B. mit dem Artikel „Der kleine rote Computer“ am 17. April bei der NZZ. Mit pseudo-kompetenter Feder versucht er unter anderem, die Funktionsweise des Datenzugriffs auf den RFID-Chip zu erklären, um die Sicherheit des Passes zu veranschaulichen und Bedenken diesbezüglich auszuräumen:
Gemäss den Vorgaben der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation ICAO und der Internationalen Organisation für Normung (ISO/EIC 14443) ist der Chip darauf vorbereitet, mit Lesegeräten komplizierte Verhandlungen zu führen und die ihm anvertrauten Daten mit einem ganzen Arsenal an kryptologischen Algorithmen zu schützen.
Dieses „ganze Arsenal“ besteht eigentlich nur aus einem einzigen kryptographischen Algorithmus und auch sonst scheint S.B. die Sache mit den digitalen Schlüsseln und der Public Key Infrastructure (PKI) nicht ganz kapiert zu haben. Dass sich ein Journalist derart für Politpropaganda einspannen lässt, empfinde ich als Skandal. Normalerweise müssen Advertorials wie dieses in den Medien klar als solche deklariert werden.
Am 1. Mai gab es sogar eine Arena-Sendung zur Abstimmung vom 17. Mai über die Einführung von biometrischen Reisepässen und Identitätskarten. Da platzte mir nun endgültig der Kragen. Die ganze Diskussion war, wie wenn Blinde über Gemälde von Vincent van Gogh sinnierten.
Über die technischen Apsekte versprach Remo Brennwald später detailliert zu sprechen, als er Bastien Girod in der 9. und 18. Minute ins Wort fiel. Daraus wurde dann jedoch nichts, denn schliesslich war gar kein Experte im Studio. Da stellt sich natürlich die Frage, warum kein einziger Experte zur Diskussion eingeladen wurde. Roman Vanek (Anfragen können an ihn per Email gestellt werden) ist zwar Chef der Sektion Ausweisschriften des Bundesamtes für Polizei Fedpol, aber als Experte mit detailliertem technischen Wissen kann er wohl kaum gelten. Zudem hat er in der Sendung nicht einmal ansatzweise mit technischer Sachkenntnis brilliert.
Die Befürworter weisen immer wieder auf den angeblich hohen Sicherheitsstandard des Schweizer Passes hin, nur genauer beschreiben oder belegen können sie diese Sicherheit nicht. Der biometrische Pass stösst in der Fachwelt denn auch auf grosse Skepsis und diverse Hacker haben bereits bewiesen, dass der Pass geknackt, unerlaubt ausgelesen und kopiert werden kann. Mit der Einführung von biometrischen Pässen wird sich ein neues Geschäftsfeld für Kriminelle entwickeln und Fahnder werden gegen sie keine Chance haben.
Die Reise im Schengenraum verlangt keine biometrischen Reisepässe und die Reisefreiheit steht nicht auf dem Spiel, denn die ist als Menschenrecht in der Verfassung verbrieft. Dieses Grundrecht ist auch ohne biometrische Reisepässe gegeben. Wenn deren Befürworter die Angst schüren, dass die Reisefreiheit bei Ablehnung der Gesetzesvorlage nicht mehr gewährleistet sei, ist dies eine glatte Lüge! Diese wird auch dadurch nicht wahr, dass sie immer wiederholt wird.
Frau Bundesrätin Widmer-Schlumpf, hören Sie auf, die Stimmbürger anzulügen und einzuschüchtern! Wir haben eine Wahlfreiheit und sagen deshalb am 17. Mai 2009 NEIN zu den biometrischen Ausweisen! Die Gründe habe ich ja bereits im Beitrag „Keine biometrische Ausweise mit RFID-Chips!“ detailliert beschrieben. Wer noch mehr Informationen braucht, schaut sich die Reportage „Biometrischer Pass: Achtung Gefahr!“ der Sendung „Temps Présents“ der Télévision Suisse Romande (TSR) vom 9.10.2008 an: